Brüssel (epd)
PRO
Vielseitige Anwendung: Glyphosat ist in den 1970er Jahren zum Wirkstoff in Pflanzenschutzmitteln entwickelt worden. Glyphosat vernichtet nicht nur normales Unkraut. Es kann auch dazu dienen, eingeschleppte Pflanzenarten zu bekämpfen, bevor sie heimische Pflanzen verdrängen. Der Wirkstoff wird rund um die Welt eingesetzt, vor allem in der Landwirtschaft. Daneben ist es für viele andere Einsätze nutzbar: Für Straßenseitenstreifen, in Parks und privaten Gärten. Die Deutsche Bahn gebraucht es zur Pflege des Gleisbetts.
Risiko für den Menschen: Viele Wissenschaftler haben sich mit möglichen Gesundheits- und Umweltrisiken von Glyphosat beschäftigt. Bei den Untersuchungen im Rahmen des jetzigen Wiederzulassungsverfahren wurden Hunderte von Studien und Dokumenten ausgewertet. Eine zentrale Rolle spielten das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) und die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) - öffentliche Stellen, deren gesetzlicher Auftrag das Wohl der Bürger ist. Am Montag kam die Stimme der Weltgesundheitsorganisation (WHO) hinzu: Es sei unwahrscheinlich, dass Glyphosat Krebs errege.
In der Landwirtschaft bewährt: Der Deutsche Bauernverband (DBV) macht geltend, dass glyphosathaltige Pflanzenschutzmittel in der Landwirtschaft breite Anwendung finden. Vor anderen Herbiziden habe es voraus, dass jene schneller Resistenzen beim Unkraut hervorrufen können - das Unkraut also nicht mehr auf diese Mittel reagiert, erklärt Katja Börgermann vom DBV. "Eine Eins-zu-eins-Alternative für Glyphosat gibt es nicht."
Bodenschutz: "Für den Schutz des Bodens ist Glyphosat von hohem Wert", sagt Thoralf Küchler von Monsanto, einem der wichtigsten Hersteller von Glyphosatprodukten. Sein Argument: Die Alternative zum Schutz durch Pestizide ist das Pflügen des Bodens. Dabei werde aber die Bodenstruktur zerstört und wertvolle Ackerkrume könne durch Wind und Wasser abgetragen werden. Außerdem werde beim Pflügen Kraftstoff verbraucht und damit klimaschädliches Kohlendioxid frei.
KONTRA
Mögliche Risiken: Zwar haben mit BfR und EFSA renommierte Stellen für die Wiederzulassung grünes Licht gegeben. Aber auch die Gegenseite kann viele Studien und Stellungnahmen aufbieten. Mit am prominentesten ist die Warnung der Internationalen Agentur für Krebsforschung (IARC). Sie stellte im März 2015 fest, dass Glyphosat "wahrscheinlich krebserzeugend bei Menschen" sei. Die Verbraucherorganisation Foodwatch hält vor diesem Hintergrund ein Verbot für unumgänglich: "Das im EU-Lebensmittelrecht geltende Vorsorgeprinzip muss berücksichtigt werden - das heißt: Solange seriöse Hinweise auf gesundheitliche Risiken im Raum stehen, darf Glyphosat nicht weiter auf dem Acker eingesetzt werden."
Rückstände im Menschen: Glyphosat bleibt nicht auf dem Feld, sondern findet sich auch in vielen Menschen. Das ist das Ergebnis einer Studie, bei der im Auftrag der Heinrich-Böll-Stiftung der Urin von rund 2000 Bürgern aus Deutschland untersucht wurde. "Demnach liegt bei 75 Prozent der Bürgerinnen und Bürger die Belastung mit mindestens 0,5 Nanogramm/Milliliter um ein Fünffaches höher als der Grenzwert für Trinkwasser", erklärte die Stiftung im März.
Nicht alternativlos: Unkraut lässt sich nicht nur mit Pestiziden oder Umpflügen bekämpfen, macht der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) geltend. Es könne auch ausgerissen werden, wobei Menschen ähnlich wie beim Spargelstechen auf Anhängern über die Felder fahren, erklärt BÖLW-Sprecherin Joyce Moewius. Davon abgesehen müsse bei der Kohlendioxid-Bilanz die energieintensive Produktion von Herbiziden berücksichtigt werden.
Glyphosat und Gentechnik: Wer Bedenken gegen Gentechnik hegt, wird Glyphosat noch skeptischer gegenüber stehen. Denn Gentechnik und Glyphosat sind kombinierbar, wie Greenpeace, aber auch der Agrarkonzern Monsanto, erläutern. Da Glyphosat als Breitbandherbizid sehr viele Pflanzen tötet, werden Nutzpflanzen zum Beispiel in den USA durch Genveränderung resistent gegen das Gift gemacht.