Zustimmung der Länder zu sicheren Herkunftsstaaten noch unsicher
Der Bundestag entscheidet in der nächsten Woche über die Einstufung von Tunesien, Marokko und Algerien als sichere Herkunftsstaaten. Ob der Bundesrat die Verschärfung des Asylrechts passieren lässt, ist noch offen.

Berlin (epd) Kurz vor der Entscheidung des Bundestages zur Einstufung der Maghreb-Staaten als sichere Herkunftsländer ist die nötige Zustimmung der Bundesländer noch offen. Wie eine Umfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd) ergab, hat die überwiegende Mehrheit der Länder noch nicht über ihr Abstimmungsverhalten entschieden. Durch Änderungen bei der Zusammensetzung der Länderkammer nach den Wahlen im März könnte es bei der Abstimmung über die nordafrikanischen Länder Tunesien, Marokko und Algerien noch knapper werden als bei den Entscheidungen über Menschen aus den Balkanstaaten, mit denen 2014 und 2015 das Asylrecht verschärft worden war.

Mehrheit von 35 Stimmen notwendig

Das CSU-regierte Bayern und die von großen Koalitionen regierten Länder, die der Einstufung aller Voraussicht nach zustimmen werden, vereinen dort 20 Stimmen. Für die absolute Mehrheit sind 35 vonnöten. Die von Grünen und CDU gemeinsam regierten Länder Baden-Württemberg, das bei den jüngsten Koalitionsverhandlungen Zustimmung signalisiert hat, und Hessen könnten zusammen elf Stimmen beisteuern. Unsicher ist derzeit das Votum Sachsen-Anhalts mit seinen vier Stimmen, die zu einer Mehrheit verhelfen könnten.

In dem ostdeutschen Bundesland bilden nach den Landtagswahlen nun CDU und SPD eine Regierung zusammen mit den Grünen, die der Einstufung von Staaten als sicher prinzipiell skeptisch gegenüberstehen. Während man bei der vorherigen großen Koalition von einer Zustimmung hätte ausgehen können, ist diese nun unsicher. Wie die Entscheidung der Landesvertreter im Bundesrat zu dem geplanten Gesetz ausfalle, sei noch offen, teilte die Staatskanzlei in Magdeburg mit.

Bayern eindeutig festgelegt

Dieselbe Auskunft gab es auch in den Staats- und Senatskanzleien unter anderem in Hamburg, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Thüringen, Berlin und Niedersachsen. Insbesondere das Abstimmungsverhalten von Rheinland-Pfalz mit vier Stimmen, wo SPD, Grüne und FDP die Regierung bilden wollen, ist derzeit kaum absehbar: Während sich die SPD in den Koalitionsverhandlungen für die Ausweitung der Liste sicherer Herkunftsländer ausgesprochen hat und auch die FDP sich eine Zustimmung vorstellen kann, sind die Grünen dagegen.

Eindeutig festgelegt ist Bayern. Die Staatsregierung unterstütze den Gesetzentwurf nachdrücklich, sagte eine Sprecherin.

Mit der Einstufung von Tunesien, Marokko und Algerien als sicher verspricht sich die Bundesregierung schnellere Verfahren und Rückkehr von Asylbewerbern aus diesen Ländern. Ihre Anträge können dann in Schnellverfahren in der Regel als "offensichtlich unbegründet" abgelehnt werden.

Bundesrat berät kommende Woche

Der Bundesrat hatte sich bei der ersten Befassung mit dem Gesetz zur Einstufung weiterer sicherer Herkunftsstaaten im März nicht eindeutig zu dem Vorhaben aus dem Bundesinnenministerium positioniert. In einer Stellungnahme hieß es, die Länder begrüßten das Ansinnen, Asylverfahren zu beschleunigen. Sie verwiesen aber auf Zweifel an einer gründlichen Prüfung der Menschenrechtssituation in den Maghreb-Staaten. Menschenrechtsorganisationen werfen den Staaten unter anderem Folter, einen mangelnden Schutz von Frauen vor sexualisierter Gewalt und die Kriminalisierung von Homosexuellen vor.

Der Bundestag berät am Freitag kommender Woche abschließend über die Einstufung der Maghreb-Staaten als sicher. Es wird mit einer Mehrheit für das Gesetz gerechnet. Der Bundesrat muss dem Gesetz zustimmen, damit es inkraft treten kann. Die nächste Sitzung der Länderkammer nach dem Bundestagsbeschluss ist am 10. Juni.