TV-Tipp: "Die Hochzeit meiner Eltern" (ZDF)
TV-Tipp: 12.5., ZDF, 20.15 Uhr: "Die Hochzeit meiner Eltern"
"Warum gehen, wenn man tanzen kann" ist das Motto von Betty. So hat sie ihr auch ihr Leben verbracht, und das nicht nur im Beruf als Tanzlehrerin: Betty (Senta Berger), mittlerweile längst im Rentenalter, hat das Siebziger-Credo der freien Liebe derart verinnerlicht, dass sie selbst im reifen Alter noch ein Verhältnis mit einem Liebhaber aus Jugendjahren hat.

Trotzdem hält Peter ihr seit 43 Jahren die Treue, obwohl sie bereits sechsmal seinen Heiratsantrag abgelehnt hat; Betty fand immer, ein Trauschein sei der Anfang vom Ende. Das Paar lebt ohne Trauschein zusammen, hat drei schon lange erwachsene Kinder und führt eine offenbar glückliche partnerschaftliche Beziehung. Das Unglück nimmt seinen Lauf, als nun Betty auf die Idee kommt, sie sollten heiraten: Der Hochzeitstag wird zum Tag der Abrechnung.

Es ist ein beliebtes Erzählschema, Familienfeste zum Verbalmassaker ausarten zu lassen; im ZDF gibt es mit den Filmen, die Rainer Kaufmann seit "Das Beste kommt erst" dreht, eine ganze Reihe dieser Art (zuletzt "Das Beste aller Leben"). "Die Hochzeit meiner Eltern" aber ist anders. Die Geschichte beginnt als gut gelaunte Komödie, und daran ändert sich auch erst mal nichts, selbst wenn kleine Irritationen das Gesamtbild trüben. Der Titel legt nahe, dass die Geschichte aus Sicht eines der Kinder erzählt wird, aber Hauptfigur ist Betty, die auch als Erzählerin in die Handlung einführt, und weil Senta Berger selbst ein bewegtes Leben hinter sich hat, glaubt man ihr jedes Wort. Ihren Partner spielt Günther Maria Halmer; die beiden waren schon 2013 in der ZDF-Komödie "Willkommen auf dem Land" als in die Jahre gekommenes Paar großartig.

Bettys älteste Tochter Simone könnte noch am ehesten die Titelperspektive für sich reklamieren; auch Anja Kling hat in ähnlicher Konstellation bereits bestens mit Senta Berger harmoniert ("Mama kommt!", ZDF 2010). Im Grunde ist es Simone, die das Chaos am Hochzeitstag auslöst, allerdings bereits Wochen vorher: Ihre Schwester Liv (Anna Fischer) eröffnet mit ihrem Freund Adam (Max Hemmersdorfer) ein veganes Restaurant, und Simone, mit strenger Frisur, hochgeschlossener Kleidung und klobiger Brille eigentlich der Typ ältliche alleinstehende Lehrerin, verführt Adam auf dem Klo. Der Seitensprung hat Folgen und Simone nun ein Problem: Seit vielen Jahren versuchen sie und ihr Mann Friedrich (Thomas Huber), Kinder zu bekommen; der Quickie mit Adam aber ist gleich ein Treffer. Betty sieht ihrer Tochter die Schwangerschaft förmlich an, doch Simones Bestätigung ist nur der Auftakt zu einer Reihe von Geständnissen, die die gut vier Jahrzehnte lang wunderbar funktionierende Beziehung von Betty und Peter schlagartig beenden und bei Simone und ihrem Bruder Alexander (Nicholas Ofczarek) lebenslange Gewissheiten zertrümmern.

Das Drehbuch stammt von Sophia Krapoth und Horst J. Sczerba, Connie Walther hat es zusätzlich bearbeitet. Sie ist eigentlich keine ausgewiesene Komödienregisseurin; zu ihren bedeutendsten Werken zählen das mit dem Grimme-Preis ausgezeichnete Wirtschaftsdrama "Frau Böhm sagt nein" (2009, mit Senta Berger in der Titelrolle) sowie die Stasi-Romanze "12 heißt: Ich liebe dich" (2008, Deutscher Fernsehpreis für Walther). Trotzdem oder gerade deshalb ist sie genau die richtige für "Die Hochzeit meiner Eltern", denn der komödiantische Teil der Geschichte endet mit dem zweiten Akt; nun steht die Familie vor einem Scherbenhaufen, den sie im letzten Akt irgendwie wieder kitten muss.

Einige böse Dialogzeilen

Die Geschichte ist äußerst abwechslungsreich, aber Buch und Regie erfreuen neben einigen bösen Dialogzeilen (etwa über vegane Küche) auch immer wieder mit originellen Einfällen. So haben zum Beispiel Alexanders Kinder mit ihrem Hund als Standesbeamten eine "Hochzeitsshow" einstudiert, zu der Betty und Peter wohl oder übel gute Miene machen müssen, obwohl sie sich, wie Peter verbittert erkennt, 43 Jahre lang etwas vorgemacht haben. Die Besetzung ist ohnehin formidabel; Nicholas Ofczarek zum Beispiel, kürzlich noch grandioser Unhold im "Tatort" aus Frankfurt ("Die Geschichte vom bösen Friederich"), spielt hier einen ganz normalen Familienvater. Und weil Alexanders Töchter den Feiertag mit ihren Stirnbandkameras dokumentieren (Bildgestaltung: Birgit Gudjonsdóttir), wechselt der Film immer wieder mal in die Kinderperspektive.