Düsseldorf/Köln (epd) "Ich glaubte, mir sei die Kehle durchgeschnitten worden", schilderte Henriette Reker (parteilos) ihre Gefühle unmittelbar nach der lebensgefährlichen Messerattacke am 17. Oktober vergangenen Jahres bei einer Wahlkampfveranstaltung auf einem Marktplatz in der Domstadt. Noch heute habe sie häufig Alpträume.
"Ich erinnere mich daran, dass Frank S. auf dem Markt auf mich zukam und mich sehr freundlich um eine Rose gebeten hat", berichtete Reker. Dann habe er blitzschnell ein Messer gezogen und auf sie eingestochen. Sie sei "ganz schnell zu Boden" gegangen. Vom weiteren Geschehen habe sie nicht mehr viel mitbekommen, obwohl sie während der etwa 14 Minuten bis zum Eintreffen des Notarztwagens nicht bewusstlos geworden sei, sagte die Oberbürgermeisterin. Sie habe gesehen, wie ihr Wahlkampfkoordinator mit schmerzverzerrtem Gesicht in einen weiteren Krankenwagen gestiegen sei.
Reker: Größte Angst, gelähmt zu bleiben
In der Uniklinik hätten ihr die Ärzte später erklärt, sie habe großes Glück gehabt, sagte Reker weiter. Ihre größte Angst sei gewesen, vielleicht gelähmt zu bleiben. "Ich dachte ja, das Messer sei durch meinen Hals gedrungen." Die Politikerin vermied den Blickkontakt zu dem Angeklagten und sprach sehr leise. Als der Anwalt des Angeklagten sie fragte, ob sein Mandant ein paar entschuldigende Sätze zu ihr sagen dürfe, lehnte Reker kurz und schnell ab: "Nein. Es ist noch nicht die richtige Situation."
Der 44-jährige Angeklagte Frank S. muss sich wegen versuchten Mordes und gefährlicher Körperverletzung verantworten. Er soll am 17. Oktober versucht haben, die damalige Kandidatin für das Oberbürgermeisteramt "heimtückisch und aus niedrigen Beweggründen mit einem Messer" zu töten. Mit dem Attentat habe S. ein Zeichen gegen die deutsche Ausländer- und Flüchtlingspolitik setzen wollen, so die Anklage. Reker war als damalige Kölner Sozialdezernentin mitverantwortlich für die Flüchtlingsbetreuung der Stadt. Außerdem soll der Angeklagte vier weitere umstehende Personen verletzt haben.
Zum Prozessauftakt vor zwei Wochen hatte der Angeklagte die Tat zugegeben, eine Tötungsabsicht aber bestritten.