EU soll mehr gegen Kriegsverbrechen tun
Zum Schutz von Zivilisten, Verletzten und Helfern
Eigentlich sollten sie für Soldaten und Kämpfer tabu sein: Zivilisten, Verwundete, Ärzte und Helfer. Trotzdem geraten auch diese Gruppen in Konflikten immer wieder unter Beschuss. Dagegen bezieht das Europaparlament Stellung.

Brüssel (epd) Die EU-Staaten sollen nach dem Willen des Europaparlaments mehr für den Schutz von Zivilisten und Verletzten sowie von Ärzten und anderen Helfern in Konfliktgebieten tun. Die Abgeordneten forderten am Donnerstag die Regierungen, die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini und die zuständigen EU-Organe auf, "alle ihnen zur Verfügung stehenden Instrumente zu nutzen", um der häufigen Missachtung des humanitären Völkerrechts entgegenzuwirken.

Dies sei nötig, weil "die Zahl der Verweigerungen des Zugangs zu humanitärer Hilfe, der Hinrichtung von Zivilpersonen und humanitären Helfern, von Inhaftierungen unter katastrophalen Bedingungen sowie der Geiselnahme und Versklavung von Zivilpersonen in beispiellosem Maße zugenommen hat", heißt es in der in Brüssel verabschiedeten Resolution der Volksvertretung. So soll sich Mogherini zum Beispiel für Waffenembargos gegen Staaten einsetzen, die für gezielte Angriffe auf zivile Infrastruktur verantwortlich sind. Die europäischen Regierungen sollen der Resolution zufolge beim Sicherheitsrat der Vereinten Nationen dafür eintreten, dass Täter vor Gerichten wie dem Internationalen Strafgerichtshof zur Rechenschaft gezogen werden.

Bereits am Mittwochabend hatten die Abgeordneten in einer Debatte deutlich gemacht, dass brutale Angriffe auf Krankenhäuser, Schulen und andere nicht-militärische Ziele in Ländern wie Syrien und Afghanistan die verbreitete Missachtung des humanitären Völkerrecht belegen. "Die Anschläge auf zivile Einrichtungen werden immer häufiger, insbesondere auf Schulen und Krankenhäuser", sagte die spanische Abgeordnete Elena Valenciano. "Die Auswirkungen davon betreffen Tausende von Unschuldigen." Die EU besitze zwar Leitlinien zum humanitären Völkerrecht, aber sie tue nicht genug für die Umsetzung, kritisierte die deutsche Grünen-Abgeordnete Barbara Lochbihler.

"Ärzte ohne Grenzen": Verstärkte Angriffe auf Kliniken

Der Rat der EU, der die 28 Mitgliedstaaten vertritt, will sich unter anderem auf dem Weltgipfel in Istanbul Ende Mai für den Respekt des humanitären Völkerrechts einsetzen, sagte die niederländische Verteidigungsministerin Jeanine Hennis-Plasschaert im Europaparlament. Die Niederlande haben derzeit den Vorsitz im Rat inne. Hennis-Plasschaert verwies unter anderem darauf, dass der Rat 2015 zur Einhaltung des humanitären Völkerrechts in Syrien aufgerufen habe.

Auch die Organisation "Ärzte ohne Grenzen" beklagt verstärkte Angriffe auf Kliniken. "Wir haben das selbst erlebt in Afghanistan" im Oktober 2015 mit 42 Todesopfern, "aber auch mit Krankenhäusern, die wir unterstützen in Syrien und im Jemen", erklärte Geschäftsführer Florian Westphal von der deutschen Sektion der Hilfsorganisation aus Anlass der Debatte im Europaparlament. Daneben gebe es weniger bekannte Konfliktregionen wie den Südsudan, wo in den vergangenen Jahren "Krankenhäuser geplündert worden sind, wo Patientinnen in ihren Betten erschossen worden sind", sagte Westphal dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Das humanitäre Völkerrecht, auch als Kriegsvölkerrecht bezeichnet, soll die Folgen internationaler und innerstaatlicher Konflikte mildern. Es schützt bestimmte Personengruppen wie Zivilisten und verwundete Soldaten und reglementiert die Kriegsführung. Niedergelegt ist es vor allem in der Haager Landkriegsordnung von 1907 sowie den vier Genfer Konventionen von 1949 und in deren Zusatzprotokollen.