Koblenz (epd) Das Oberwaltungsgericht Rheinland-Pfalz hat die Personenkontrolle von Zugreisenden allein aufgrund ihrer Hautfarbe als rechtswidrige Diskriminierung beurteilt. In dem am Freitag veröffentlichten Urteil des Koblenzer Gerichts ging es um die Kontrolle einer dunkelhäutigen Familie in einem Regionalzug durch Beamte der Bundespolizei. Der Senat habe "nicht die Überzeugung gewinnen können, dass die Auswahl der betroffenen Personen nicht wegen ihrer Hautfarbe erfolgt ist", erklärten die Richter. Wegen der grundsätzlicher Bedeutung ließen sie Revision zu. (AZ: 7 A 11108/14.OVG)
Verstoß gegen Gleichbehandlung
Das Deutsche Institut für Menschenrechte begrüßte das Urteil. Die Menschenrechtler forderten die Abschaffung der Regelung im Bundespolizeigesetz, die solche Kontrollen ermöglicht.
Mit ihrem Urteil bestätigten die Richter die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Koblenz als Vorinstanz. Geklagt hatte ein deutsches Paar mit dunkler Hautfarbe. Die Familie mit zwei kleinen Kindern war im Januar 2014 in einem Regionalzug zwischen Mainz und Koblenz unterwegs, als Bundespolizisten ihre Ausweise sehen wollten. Andere Passagiere wurden nicht überprüft. Die Kläger werfen den Polizisten vor, sie nur wegen ihrer Hautfarbe kontrolliert zu haben. Die Polizeikontrolle habe damit gegen das Gleichbehandlungsgesetz verstoßen.
Auch die Voraussetzungen für eine Kontrolle in Zügen, die zur unerlaubten Einreise nach Deutschland genutzt werden, nach Paragraf 22 Absatz 1a des Bundespolizeigesetzes hätten nicht vorgelegen. Dieser Argumentation war auch das Verwaltungsgericht Koblenz in seinem Urteil im November 2014 gefolgt. Der von den Klägern genutzte Regionalzug habe seinen Ausgangs- und Endpunkt im Bundesgebiet und könne nicht zur unerlaubten Einreise genutzt werden.
Die Bundespolizisten hatten dagegen argumentiert, regionale Züge seien nicht vom Anwendungsbereich der Vorschrift ausgeschlossen. Die polizeilichen Maßnahmen würden auf Grundlage von Stichproben ausgeführt.
Menschenwürde beeinträchtigt
Das Oberverwaltungsgericht wies die Berufung der Bundespolizei nun ab. Die Auswahl des deutsch-afrikanischen Ehepaars für die Polizeikontrolle sei "ermessensfehlerhaft" gewesen. Die genauen Motive der Beamten für die Überprüfung der Kläger hätten sich nicht feststellen lassen. "Eine Auswahl der Personen bei Kontrollen zur Unterbindung unerlaubter Einreisen, für die die Hautfarbe der Personen das alleinige oder zumindest ein ausschlaggebendes Kriterium ist, verstößt gegen das Diskriminierungsverbot des Artikels 3, Absatz 3, Satz 1 des Grundgesetzes", erklärten die Richter.
Das Deutsche Institut für Menschenrechte forderte eine Abschaffung des Artikels 22 Absatz 1a des Bundespolizeigesetzes. "Mit solchen pauschalen Verdächtigungen werden Menschen ausgegrenzt und in ihrer Menschenwürde beeinträchtigt", erklärte die Organisation am Freitag in Berlin. Deutschland sei bereits mehrfach von internationalen Menschenrechtsgremien zum Schutz vor Rassismus aufgefordert worden, die Regelung zu streichen.