Pflegebetrug: Gröhe und Kassen prüfen weitere Kontrollmöglichkeiten
Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) und die Krankenkassen wollen Konsequenzen aus den jüngst bekanntgewordenen Betrugsfällen in der Pflege ziehen.

Berlin (epd) Nach einem Spitzentreffen am Freitag teilte das Gesundheitsministerium mit, das über die bereits eingeführten gesetzlichen Regelungen erweiterte Kontrollbefugnisse geprüft werden sollen. Gelten soll dies für Fälle, in denen die häusliche Krankenpflege nicht parallel zur Altenpflege erbracht wird. Bei den aktuell aufgedeckten Fällen wurden mutmaßlich im großen Stil Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung - nicht der Pflegeversicherung - abgerechnet, obwohl sie nicht oder nur zum Teil erbracht wurden.

Anmeldung ohne Kontrolle

Experten hatten dabei mangelnde Kontrollmöglichkeiten des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen moniert. Ministeriumssprecherin Katja Angeli verwies dagegen auf eine seit diesem Jahr geltende Regelung, wonach bei Hinweisen auf Qualitätsmängel oder Betrug auch ohne Anmeldung eine Kontrolle stattfinden kann. Bei einem Gespräch im Bundesgesundheitsministerium beriet Gröhe am Freitag mit Vertretern von Krankenkassen, Ärzten, Bundesländern, Bundesinnenministerium, Bundeskriminalamt und Pflegeverbänden, ob weitere Regelungen notwendig sind.

Neben der Prüfung weiterer Befugnisse der Kontrolleure vereinbarten die Experten nach Ministeriumsangaben auch zu untersuchen, ob das Aufdecken von Betrugsfällen durch eine verbesserte Weitergabe von Daten erleichtert werden kann. Die bisher möglichen Kontrollen sollen zudem ab 2017 durch ein Screening-Verfahren verbessert werden, auf dessen Basis Pflege- und Krankenkassenverbände dann tätig werden können. Eine entsprechende Erprobung des Verfahrens habe bereits in verschiedenen Ländern stattgefunden.

Einfallstore für Korruption

Das Thema Pflegebetrug soll zudem im Rahmen der Gesundheitsministerkonferenz aufgegriffen werden. Die Fachminister wollen zudem auf die Justizminister zugehen, um beispielsweise über Themen wie Schwerpunktstaatsanwaltschaften zu beraten.

Anfang der Woche waren Fälle von Pflegebetrug bekanntgeworden, in denen Pflegedienste das System der Leistungen über die gesetzlichen Krankenversicherungen systematisch hintergehen. Am Donnerstag hatte es in dem Zusammenhang eine Großrazzia in Berlin gegeben.

Die Antikorruptionsorganisation Transparency Deutschland forderte am Freitag regelmäßige unangemeldete Prüfungen nicht nur bei konkreten Anlässen, um Betrug zu verhindern. Vor dem Hintergrund der aktuellen Enthüllungen wies die Organisationen auf Einfallstore für Korruption in der Branche hin. Neben besseren Kontrollmechanismen bei Pflegediensten seien transparentere Abrechnungssysteme und strengere Regeln bei der Leistungsvergabe nötig.