ver.di-Chef Bsirske: TTIP ist Gefahr für Demokratie und Rechtsstaat
Der Vorsitzende der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, Frank Bsirske, sieht in dem geplanten Freihandelsabkommen der EU mit den USA (TTIP) eine Gefahr für Demokratie und Rechtsstaat.
21.04.2016
epd
Bettina Markmeyer (epd-Gespräch)

Berlin (epd) Frank Bsirske sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd): "Wir fordern faire Verträge." Stattdessen setze TTIP auf einen Freihandel, "der ausländische Großkonzerne gegenüber inländischen Unternehmen privilegiert." Arbeitnehmerrechte sowie Umwelt- und Verbraucherschutz-Standards seien in Gefahr. TTIP öffne ausländischen Konzernen neue Einfallstore, um ihre Profit-Interessen durchzusetzen, kritisierte Bsirske: "Dieses Freihandelsabkommen schafft Institutionen, die quer liegen zum Rechtsstaat und zur Demokratie."

ver.di gehört zu einem Bündnis von Umweltorganisationen, Verbraucher- und Sozialverbänden sowie kirchlichen Hilfswerken, die für Samstag zu einer Demonstration gegen die Freihandelsabkommen der EU mit den USA (TTIP) und Kanada (Ceta) in Hannover aufrufen. Anlass ist der Besuch des US-amerikanischen Präsidenten Barack Obama zur diesjährigen Hannover Messe. Die Organisatoren erwarten mehrere zehntausend Teilnehmer.

Bsirske: Beschluss der EU-Kommission "nur Kosmetik"

Die Gewerkschaften fordern die Streichung der geplanten Sondergerichte für den Investitionsschutz ausländischer Konzerne, die Garantie von Arbeitnehmerrechten sowie von Verbraucher- und Umweltschutzstandards. Bsirske sagte, weder die USA noch Kanada garantierten das Recht der Arbeitnehmer, sich gewerkschaftlich zu organisieren: "Wir meinen aber, dass es nicht nur um die Interessen der Unternehmen gehen darf. Es muss genauso um die Interessen der in diesen Unternehmen arbeitenden Menschen gehen."

Die geplanten Sondergerichte, vor denen ausländische Konzerne den Schutz ihrer Investitionen und Gewinnerwartungen einklagen können, erfüllten nicht die Anforderungen an eine unabhängige Gerichtsbarkeit, kritisierte Bsirske. Daran ändere auch der Beschluss der EU-Kommission nichts, statt der ursprünglich geplanten, umstrittenen Schiedsgerichte internationale Handelsgerichte in dem Abkommen zu verankern. "Aus unserer Sicht ist das nur Kosmetik." Ausländische Konzerne würden durch den geplanten Investitionsschutz in die Lage versetzt, demokratisch gewählte Regierungen unter Druck zu setzen.

Das Transatlantische Freihandelsabkommen TTIP hat den Abbau von Handels- und Investitionshemmnissen zum Ziel. Die EU und die USA wollen den mit 800 Millionen Verbrauchern weltweit größten Wirtschaftsraum schaffen. Gegner fürchten ein Absenken von Standards im Umwelt- und Verbraucherschutz. Besonders umstritten sind die geplanten Sondergerichte, vor denen ausländische Konzerne Investitionsschutz einklagen können. Zuletzt hatten im Oktober vergangenen Jahres mehr als 150.000 Menschen in Berlin gegen die Freihandelsabkommen demonstriert.