Psychologin: Flüchtlingen drohen langfristige Traumatisierungen
Viele vom Krieg traumatisierte Flüchtlinge müssen der Bielefelder Psychologin Claudia Catani zufolge mit einer dauerhaften Erkrankung rechnen.
20.04.2016
epd
epd-Gespräch: Charlotte Morgenthal

Bielefeld (epd) Etwa 20 bis 30 Prozent der derzeit in Deutschland lebenden Asylsuchenden litten unter einer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS), ausgelöst durch Kriegs- und Gewalterlebnisse, sagte die Wissenschaftlerin dem Evangelischen Pressedienst (epd). Das könne in keinster Weise vom deutschen Gesundheitssystem aufgefangen werden.

Auswirkungen auf ganze Familie

Eine Belastungsstörung habe oft Auswirkungen auf die ganze Familie, sagte Catani, die seit mehr als zehn Jahren zu Konflikten unter anderem in Uganda und Sri Lanka forscht. Psychische Belastungen durch die Traumata könnten auch an die nächste Generation weitergeben werden, ohne dass die Kinder selbst den Krieg erlebt hätten. Reizbarkeit und Wutausbrüche gehörten genauso zu den typischen Traumafolgen wie die Tendenz, sich von Familienmitgliedern zurückzuziehen und Nähe nicht mehr zuzulassen.

Einzeltherapien für kriegstraumatisierte Kinder und Erwachsense reichten nicht aus, betonte Catani. Familien müssten durch Elterntrainings und familientherapeutische Ansätze zusätzlich gestärkt werden. In verschiedenen Nachkriegsländern habe beispielsweise die Hilfsorganisation "Vivo International" Studien initiiert, in denen Flüchtlinge zu Traumatherapeuten ausgebildet wurden. So hätten sie den Betroffenen vor Ort nachhaltig helfen können, sage Catani. Das könne langfristig auch für Deutschland ein Modell sein.