Düsseldorf, Berlin (epd) Im Fall Böhmermann will Nordrhein-Westfalen den umstrittenen Paragrafen 103 im Strafgesetzbuch schneller kippen als von der Bundesregierung geplant. "Ich will eine Bundesratsinitiative einbringen, die das Ziel hat, den Straftatbestand der Majestätsbeleidigung sofort abzuschaffen", sagte der nordrhein-westfälische Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) der in Düsseldorf erscheinenden "Rheinischen Post" (Mittwochsausgabe). Sein Ministerium erklärte auf epd-Anfrage, die rot-grün regierten Bundesländer unterstützten die Initiative oder hätten Zustimmung signalisiert.
Mehr Tempo
Die Bundesregierung will aber offenbar an ihrem Zeitplan festhalten, wonach eine Abschaffung mit Wirkung zum Jahr 2018 geplant ist. Die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Wirtz verwies am Mittwoch in Berlin auf die entsprechende Ankündigung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Der gesetzgeberische Handlungsbedarf werde derzeit geprüft, ebenso Fragen zum Gesetzgebungsverfahren. Auch das Justizministerium wollte sich zu Details des Vorhabens nicht äußern.
Wegen eines Schmähgedichts auf den türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan droht dem ZDF-Moderator Jan Böhmermann ein Strafverfahren wegen Beleidigung eines ausländischen Staatsoberhaupts. Die Bundesregierung hat die Erlaubnis für die Ermittlungen der deutschen Justiz gegen den Satiriker auf Grundlage des Paragrafen 103 erteilt. Merkel kündigte am Freitag zugleich an, dass der umstrittene Paragraf abgeschafft werde. Darin sei sich die Bundesregierung einig.
Kutschaty kritisierte, mit der Abschaffung erst im Jahr 2018 wolle die Bundesregierung "die Möglichkeit eröffnen, den Satiriker Böhmermann noch wegen Majestätsbeleidigung zu bestrafen". Deswegen dringt er auf mehr Tempo: "Dann könnte man Herrn Böhmermann auch nicht mehr deswegen verurteilen". Laut Paragraf 2 im Strafgesetzbuch könnte Böhmermann ohne Strafe ausgehen. Dort ist festgelegt: "Wird das Gesetz, das bei Beendigung der Tat gilt, vor der Entscheidung geändert, so ist das mildeste Gesetz anzuwenden."
Bereits im April im Bundesrat
"Auf die besondere Empfindlichkeit von Herrn Erdogan darf die Justiz keine Rücksicht nehmen", sagte Kutschaty: "Es entspricht doch dem Menschenbild des Mittelalters, die Empfindlichkeit von einzelnen Staatsoberhäuptern auch noch unter den Schutz des Strafrechts zu stellen." Nach Angaben seines Ministeriums soll der Antrag auf schnellere Abschaffung des Paragrafen am 27. April in den Rechtsausschuss des Bundesrats und am 13. Mai ins Plenum der Länderkammer eingebracht werden.