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TV-Tipp: "Das Beste Stück vom Braten" (ARD)
22.4., ARD, 20.15 Uhr: "Das Beste Stück vom Braten"
Kochen und Küssen passen gut zusammen; von der Liebe, die durch den Magen geht, haben daher schon viele Filme erzählt. Die Komödie "Das Beste Stück vom Braten" ist zum Glück nicht nur wesentlich einfallsreicher als ihr Titel, sondern auch ein ausgesprochen temporeicher und origineller Beitrag zum Genre.

Schon der Einstieg ist derart flott erzählt und geschnitten, dass die Handlung im Vergleich zu früheren Freitagsfilmen der ARD glatt aus der Kurve fliegt (Regie: Michael Rowitz). "Kochen ist Krieg!", verkündet Koch Michi Griesebach (Fritz Karl) zu Beginn, als er seine Mitarbeiter im Kommandoton durch die Küche scheucht. Weil eine Kundin allzu extravagante Sonderwünsche äußert, kredenzt er ihr eine schlichte Banane, die er mit unzweideutigen Anzüglichkeiten garniert; der frugale Flirt findet seinen buchstäblichen Höhepunkt auf der Arbeitsfläche von Michis Allerheiligstem. Da hat der Koch allerdings noch keine Ahnung, bei wem es sich um den mit Perücke und Oberlippenbart camouflierten Begleiter der Dame handelt. Harry Dumont (Herbert Knaup) ist, was Michi gerne wäre: ein Star; und zwar unter den Restaurantkritikern. Seine Bewertung des Abends fällt vernichtend aus, Michi kann einpacken, nimmt mit seinem Partner (Filip Peeters) aber einige Zeit später einen neuen Anlauf; und selbstredend freut sich Dumont schon auf den nächsten Verriss.

Bis hierher ist diese Geschichte so oder so ähnlich schon oft erzählt worden: Narzisstischer Koch verschleißt seine Mitmenschen, die einen für Sex, die anderen fürs Zwiebeln hacken, und ist im Grunde unglücklich; für Michi gilt das nicht minder. Aber dann bringt das Drehbuch (Annette Simon, Guy Meredith) eine völlig neue Figur ins Spiel, und plötzlich schlägt "Das Beste Stück vom Braten" eine ganz neue Richtung ein: Michi hat einen Bruder, Volker (Martin Brambach). Da Michi in jeder Hinsicht nichts anbrennen lässt, gehört auch Schwägerin Sandra (Therese Hämer) zu seinem Harem. Als Volker das rausfindet, hat er jedoch kaum Zeit, seinem Bruder böse zu sein, weil er auf der Straße angefahren wird (nachdem er Michi zuvor vor einem nämlichen Schicksal bewahrt hat) und ins Krankenhaus muss. Dieses Arrangement geschieht aus einem einzigen Grund: Michi findet Volkers klingelndes Telefon auf der Straße, nimmt das Gespräch an, schlüpft in die Rolle des Bruders und wird auf diese Weise Psychotherapeut der attraktiven Helen (Christina Hecke). Die frustrierte Veganerin leidet schon ihr ganzes Leben darunter, dass ihr Vater schon immer bloß ans Essen gedacht hat. Michi schreitet selbstredend umgehend zur Konfrontationstherapie, und natürlich verliebt sich Helen erst in sein Essen und dann in den Koch, dem es nicht besser ergeht; auch wenn er irgendwann ahnt, wessen Tochter er da "therapiert".

Natürlich ist das alles komplett konstruiert, aber da es gleichzeitig in sich plausibel erzählt wird, ist das völlig egal. Für Fritz Karl ist der kochende Schürzenjäger ebenso eine Paraderolle wie der Psychologe für Martin Brambach. Der Restaurantkritiker ist leider nur eine Nebenfigur, aber Herbert Knaup nutzt die wenigen Momente weidlich aus; wunderbar ausgedacht und gespielt ist unter anderem eine Szene, in der Michi und Dumont hemmungslos Knäckebrot mit Margarine und Wein aus dem Discounter vertilgen. Das herausragende Trio Karl, Brambach und Knaup zeichnet sich unter anderem durch die Kunst aus, die Komödie aus dem Drumherum entstehen zu lassen; sie selbst bilden gewissermaßen das Auge des Sturms und verleihen ihren Figuren eine mitunter verzweifelte Würde, die den komischen Effekt noch vergrößert.

Einige der Nebendarsteller sind entweder nicht so versiert oder von der Regie dazu verleitet worden, übers Ziel hinauszuschießen, was sehr schade ist. Für eine ausgesprochen klamottige Einlage, als Michi seinem Bruder eine mit Abführmittel versetzte Suppe kredenzt, damit Volker länger im Krankenhaus bleiben muss, gilt das überraschenderweise nicht: Die Szenen sind entsprechend deftig, aber von Brambach herrlich gespielt. Die Qualität des Films ist insgesamt ohnehin viel zu gut, um sich durch ein paar kleine Ausreißer nach unten beeinträchtigen zu lassen. Außerdem hat Helmut Zerlett eine mitreißende und abwechslungsreiche Musik geschrieben, die der Handlung enorm viel Dynamik verleiht.