Weil das Experiment schon im Radio ausgezeichnet funktioniert hat (Deutscher Hörspielpreis der ARD 2011), haben WDR und NDR Jan Georg Schütte zugetraut, aus der Idee auch einen sehenswerten Film zu machen: Ein gutes Dutzend älterer Herrschaften trifft sich zur Partnerschaftssuche. Sieben Minuten hat das jeweilige Paar Zeit, sich kennen zu lernen, dann geht der Reigen weiter. Die größtenteils prominenten Darsteller kannten nur die eigene Rolle, der Rest blieb ihrer Spontaneität und Improvisationsgabe überlassen. Das Ergebnis ist ein unterhaltsames "Bäumchen, wechsle dich"-Spiel, in dessen Verlauf sich verblüffend authentisch wirkende Konstellationen ergeben: Wie im wirklichen Leben wissen einige der Paare nicht viel miteinander anzufangen, während andere wie füreinander geschaffen zu sein scheinen. Auf diese Weise konnten die Schauspieler ihrer Fantasie freien Lauf lassen.
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
Allein die Teilnehmerliste ist schon imposant. Mit unter anderem Mario Adorf, Senta Berger, Matthias Habich, Michael Gwisdek, Angela Winkler, Jörg Gudzuhn und Christine Schorn konnte Schütte hochkarätige Mitspieler für sein Projekt begeistern. Die Akteure wiederum waren anschließend voll des Lobes, zumal die Dreharbeiten dank der Echtzeitverfilmung hochkonzentriert waren: Schütte dokumentierte die Gespräche mit 19 Kameras (Bildgestaltung: Carol Burandt von Kameke). Im Grunde genügte ein Drehtag; am zweiten wurden nur noch ergänzende Szenen gedreht. Damit der Regisseur zwischendurch durchs Bild laufen konnte, um kleine Anweisungen zu geben, kreierte Schütte für sich selbst die Rolle des Conferenciers. Eine der Schauspielerinnen, Ilse Strambowski, kam auf die Idee, seine Mutter zu spielen, die eigentlich nur mitmacht, um mal zu sehen, was ihr Sohn so treibt. Dass sie in der Rolle fröhlich herumerzählt, er sei schwul, war allerdings nicht abgesprochen und zwang den in Filmen und Serien gern als knochentrockenes Nordlicht besetzten Schütte, ebenfalls zu improvisieren. So war das Erlebnis auch für ihn, wie Mario Adorf die Dreharbeiten beschreibt, ein "Sprung ins kalte Wasser".