Bundesregierung erlaubt Ermittlungen gegen Böhmermann
Merkel begründet Entscheidung mit Freiheit der Justiz
Die Bundesregierung gibt dem Ersuchen Erdogans statt. Sie erlaubt die Strafverfolgung wegen Beleidigung nach Paragraf 103. Bundeskanzlerin Merkel verwies auf die Freiheit der Justiz - den umstrittenen Paragrafen will sie danach aber abschaffen.

Berlin (epd) Die Staatsanwaltschaft kann gegen ZDF-Moderator Jan Böhmermann wegen Beleidigung eines ausländischen Staatsoberhaupts ermitteln. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) teilte am Freitag in Berlin mit, dass der Staatsanwaltschaft die dafür notwendige Ermächtigung erteilt worden sei. Die Türkei hatte wegen des Schmähgedichts von Böhmermann auf den türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan förmlich eine Strafverfolgung verlangt.

Merkel begründete die Entscheidung mit der Freiheit der Justiz. Es sei nicht Sache der Regierung, sondern von Staatsanwaltschaften und Gerichten, die Persönlichkeitsrechte eines Einzelnen gegen Meinungs- und Kunstfreiheit abzuwägen, sagte die Kanzlerin.

Unterschiedliche Auffassungen zwischen Koalitionspartnern

Laut Merkel gab es zwischen den Koalitionspartnern unterschiedliche Auffassungen über die Entscheidung zu Erdogans Verlangen. Einem Medienbericht zufolge war demnach die SPD gegen die Ermächtigung.

Einigkeit gibt es aber offenbar in der Diskussion um die Abschaffung des umstrittenen Paragrafen 103 des Strafgesetzbuchs. Er sei für die Zukunft entbehrlich, sagte Merkel. Sie stellte einen Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Aufhebung der Strafrechtsnorm in Aussicht, der nach ihren Worten noch in diesem Jahr verabschiedet und 2018 in Kraft treten soll. Die Forderung nach Abschaffung hatte es unter anderem bereits aus der SPD-Bundestagsfraktion gegeben.

Merkel unterstrich in ihrer Erklärung die Sorge über die Lage der Medien und die Einschränkung des Demonstrationsrechtes in der Türkei. Zu Böhmermann betonte sie, die Erteilung einer Ermächtigung zur Strafverfolgung bedeute keine Vorverurteilung.

Unterlassungserklärung abgelehnt

Die Bundesregierung musste der Staatsanwaltschaft eine Ermächtigung erteilen, wenn weitere Ermittlungen nach Paragraf 103 des Strafgesetzbuches möglich sein sollen. Die Beleidigung eines ausländischen Staatsoberhaupts kann nach Paragraf 103 mit bis zu drei Jahren Gefängnis geahndet werden. Böhmermann hatte Erdogan in dem umstrittenen Gedicht am 31. März in seiner Sendung "Neo Magazin Royale" unter anderem als "sackdoof, feige und verklemmt" bezeichnet.

Neben dem Ersuchen einer Strafverfolgung nach Paragraf 103 hat der türkische Staatspräsident zudem persönlich Strafantrag wegen Beleidigung nach Paragraf 185 des Strafgesetzbuchs gestellt. Die Staatsanwaltschaft Mainz führt die Vorermittlungen. Zudem verlangt Erdogan über einen deutschen Anwalt zivilrechtlich eine Unterlassungserklärung von Böhmermann, die dieser aber ablehnt.