Umstrittenes Gesetz über Geschäftsgeheimnisse verabschiedet
Der Skandal um die "Panama-Papers" zeigt: An manchen Dingen, die Firmen geheim halten, ist die Öffentlichkeit sehr interessiert. Vor diesem Hintergrund ist in Straßburg ein Gesetz über Geschäftsgeheimnisse verabschiedet worden.

Brüssel (epd) Das Europaparlament hat ein umstrittenes Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen verabschiedet, das nach Ansicht von Kritikern die Arbeit von Journalisten und Whistleblowern behindern könnte. Die Volksvertretung stimmte am Donnerstag in Straßburg mit einer großen Mehrheit von 503 Stimmen für die Richtlinie. Es gab 131 Gegenstimmen und 18 Enthaltungen.

Ausnahmen vorgesehen

In der Richtlinie wird von dem Grundsatz ausgegangen, dass es in der heutigen wissensbasierten Wirtschaft wichtig sein kann, Innovationen und Know-how vor der Konkurrenz geheim zu halten. Investitionen in intellektuelles Kapital seien ein bestimmender Faktor für Erfolg und Rendite, die letztlich die Motivation für Forschung und Entwicklung darstellten, heißt es im Einleitungstext. Solche Geschäftsgeheimnisse soll die Richtlinie vor rechtswidrigem Erwerb sowie rechtswidriger Nutzung und Offenlegung schützen.

Dabei sieht das Gesetz Ausnahmen vor. Sie werden vor allem als Vorkehrungen zugunsten von Journalisten und Whistleblowern verstanden. Vor dem Hintergrund von Skandalen wie denen um die Abgaswerte bei Volkswagen oder die sogenannten Panama-Papers sollen die Ausnahmeregelungen gewährleisten, dass Missstände in Unternehmen ohne Angst öffentlich gemacht werden können.

Daher gilt der Schutz von Geschäftsgeheimnissen nicht, wenn deren Erwerb, Nutzung und Offenlegung dem Recht auf Meinungs- und Informationsfreiheit und "zur Aufdeckung eines beruflichen oder sonstigen Fehlverhaltens oder einer illegalen Tätigkeit" dienen. Der Betreffende muss dabei "in der Absicht" gehandelt haben, das öffentliche Interesse zu schützen. Er darf Geschäftsgeheimnisse also nicht etwa aus eigensüchtigen Motiven verraten haben. In diesem Punkt gab es auch aus Sicht von Kritikern eine Verbesserung gegenüber einer früheren Gesetzesvorlage.

Kritik von Journalistenverbänden

Der deutschen Piraten-Abgeordneten Julia Reda und weiteren Parlamentariern hatte das nicht genügt. Sie wollten das Gesetz ganz zu Fall bringen, scheiterten aber mit ihrem Antrag. "Es ist ein Skandal, dass sich die Mehrheit der Abgeordneten auch von den jüngsten Enthüllungen zu Briefkastenfirmen in Panama nicht davon abbringen haben lassen, die Geheimniskrämerei von Firmen auszuweiten", erklärte Reda. "Mit der neuen Richtlinie wird es für Whistleblower und Journalisten erheblich schwieriger, Missstände, Betrug und anderes Fehlverhalten von Konzernen aufzudecken."

Auch Journalistenverbände kritisierten das Gesetz. Die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) etwa bemängelte, dass die Definition von Geschäftsgeheimnissen bei den Unternehmen liege. Damit würde "es nicht nur Medienschaffenden und Whistleblowern erschwert, brisante Informationen aus Unternehmen offenzulegen, die subjektive Definition von Geschäftsgeheimnissen lässt auch gravierende negative Auswirkungen auf die Arbeit von Betriebsräten und Arbeitnehmerrechte befürchten", erklärte der Verband vor der Abstimmung. Der Deutsche Journalisten-Verband erklärte im Vorfeld, die Richtlinie bilde zwar "eine Basis für die journalistische Berichterstattung über Geschäftsgeheimnisse", der Schutz für Whistleblower sei aber zu gering.