Bundesregierung will ein Integrationsgesetz
Nach dem Motto "Fördern und Fordern" will die Koalition ein Integrationsgesetz auf den Weg bringen. SPD-Chef Gabriel feiert es als "historischen Schritt". Opposition und Verbände sind kritischer. Die geplanten Sanktionen lehnen sie ab.

Berlin (epd) Manches war schon vorher ausgehandelt, anderes noch hart umstritten: Die Spitzen von Union und SPD haben sich auf Eckpunkte eines Integrationsgesetzes geeinigt. Im Grundsatz folgt es dem Leitmotiv "Fördern und Fordern". So soll es Erleichterungen bei Ausbildung und Arbeit geben, ebenso Integrationspflichten, die bei Nichteinhaltung eine Kürzung von Sozialleistungen zur Folge haben. Gefeiert wurde von der Koalition nach ihrem stundenlangen Treffen in der Nacht vor allem die Tatsache, dass es solch ein Integrationsgesetz nun geben soll. Das sei das erste Mal in der Geschichte der Bundesrepublik der Fall, sagte Bundeskanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel am Donnerstag in Berlin. SPD-Chef Sigmar Gabriel sprach von einem "historischen Schritt".

100.000 zusätzliche Jobs aus Bundesmitteln

Auf sechs Din-A4-Seiten präsentierten CDU, CSU und SPD ihren Kompromiss. Er enthält unter anderem die Zusage für 100.000 zusätzliche Jobs aus Bundesmitteln. Zudem sieht er Erleichterungen bei der Ausbildungsförderung, eine Bleibegarantie für Auszubildende plus ein Aufenthaltsrecht für zwei Jahre bei einer Weiterbeschäftigung und eine dreijährige Aussetzung der Vorrangprüfung in Regionen mit unterdurchschnittlicher Arbeitslosigkeit vor. Nach dieser Regel muss derzeit vor der Einstellung eines Flüchtlings zunächst geprüft werden, ob auch ein Bewerber aus Deutschland oder der EU infrage käme.

Auf der anderen Seite sollen Integrationspflichten festgeschrieben werden, die im Detail noch verhandelt werden müssen. Bei Verweigerung droht eine Kürzung der Sozialleistungen. Auch die Wohnsitzauflage zur Vermeidung von Ghettobildung in Städten soll eingeführt werden. Wer sich nicht an die Zuweisung hält, dem sollen die Leistungen gestrichen werden.

Die Eckpunkte sollen nach dem Zeitplan der Koalition in der nächsten Woche bei der Ministerpräsidentenkonferenz mit den Ländern verhandelt werden. Am 24. Mai könnte das Gesetz vom Kabinett bei der Klausurtagung in Meseberg beschlossen werden.

Grüne zurückhaltend

Merkel bezeichnete es als "qualitativen Fortschritt", dass der Bund Integration nun als gesetzliche Aufgabe betrachte. Gabriel sagte, das Vorhaben sei "pragmatisch". Es mache Zuwanderern in Deutschland klar: "Leistung lohnt sich." Die Grünen äußerten sich zurückhaltend. Die Bundesregierung könne sich nicht entscheiden, ob sie mehr Repression oder mehr Integration wolle, erklärte Bundestagsfraktionschefin Katrin Göring-Eckardt. Es hätte sie zudem gefreut, wenn deutlich gemacht worden wäre, wie viel Geld zur Verfügung steht.

Denn das wird für einige Maßnahmen sicher gebraucht. Die Koalition will für alle Flüchtlinge mit guter Bleibeperspektive den Zugang zu Integrationskursen öffnen und die Wartezeit von drei Monaten auf sechs Wochen verkürzen. Zudem sind als "Prüfpunkt" Orientierungskurse erwähnt, die sich an Asylbewerber richten, deren Bleibeperspektive gering ist, sie aber schon wegen langer Verfahren lange bleiben werden. Auch sie sollten von Angeboten profitieren, heißt es im Eckpunktepapier.

Bei den Verbänden stieß das Vorhaben der Koalition zunächst auf vorsichtige Zustimmung. Deutscher Städtetag und Landkreistag lobten die Pläne. Die kirchlichen Sozialverbände Diakonie und Caritas äußerten sich jedoch kritisch zu den Leistungskürzungen. Integrationsbereitschaft gelinge nicht über Sanktionen, erklärte die Caritas.