Böhmermann verweigert Unterlassungserklärung
ZDF-Satiriker Jan Böhmermann lässt es auf ein Gerichtsverfahren wegen seines Schmähgedichts auf den türkischen Staatspräsidenten ankommen. Mitarbeiter des ZDF fordern, dass der Sender das Gedicht wieder in die Mediathek stellt.

Berlin, Mainz (epd) Im Fall Böhmermann wird ein Gerichtsverfahren immer wahrscheinlicher: Der ZDF-Moderator will im zivilrechtlichen Streit mit dem türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan keine Unterlassungserklärung abgeben. Böhmermanns Rechtsanwalt Christian Schertz bestätigte am Donnerstag dem Evangelischen Pressedienst (epd), dass er den Anwälten Erdogans auf deren Unterlassungsaufforderung eine Absage erteilt habe. Erdogan könnte nun Unterlassungsklage bei einem Gericht einreichen.

Schertz erklärte in dem Schreiben an Erdogans Anwälte: "Es ist hierbei offensichtlich übersehen worden, dass das Gedicht nicht solitär verbreitet wurde, sondern in einer Gesamtdarstellung über das, was in Deutschland erlaubt ist und was nicht."

Zwei strafrechtliche Verfahren

Der Münchner Rechtsanwalt Hubertus von Sprenger vertritt Erdogan in dem zivilrechtlichen Streit. Er hatte bereits angedeutet, vor ein Landgericht zu ziehen, falls Böhmermann keine Unterlassungserklärung wegen des Schmähgedichts auf den türkischen Staatspräsidenten im "Neo Magazin Royale" abgibt. Ob auch Schadenersatz gefordert wird, steht noch nicht fest.

Neben der zivilrechtlichen Auseinandersetzung laufen derzeit auch zwei strafrechtliche Verfahren in der Sache. Die Türkei hat zum einen förmlich eine Strafverfolgung Böhmermanns wegen der Beleidigung von Organen ausländischer Staaten verlangt. Die Bundesregierung muss eine Ermächtigung erteilen, wenn hierzu weitere Ermittlungen nach Paragraf 103 des Strafgesetzbuches möglich sein sollen. Darüber will sie in den nächsten Tagen entscheiden. Erdogan hat zum anderen auch persönlich Strafantrag wegen Beleidigung nach Paragraf 185 des Strafgesetzbuchs gestellt. Die Staatsanwaltschaft Mainz führt die Vorermittlungen.

Auch innerhalb des Senders sorgt die Diskussion über das Erdogan-Schmähgedicht für Unruhe. Der ZDF-Redakteursausschuss ließ am Donnerstag unter den Mitarbeitern einen Brief mit der Überschrift "Besinnung statt Medienschleife" verteilen. "Wir würden es begrüßen, wenn die 'Schmähkritik' vom Giftschrank wieder in die Mediathek gestellt wird", heißt es in dem Schreiben, das epd vorliegt. Der Beitrag sei ein "Dokument der Zeitgeschichte".

Redakteursausschuss: Verunsicherung bei Programmmachern

Böhmermann hatte das Schmähgedicht auf den türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan am 31. März in seiner Sendung vorgetragen. Das ZDF löschte das Gedicht, in dem Böhmermann den Präsidenten unter anderem "sackdoof, feige und verklemmt" genannt hatte, am 1. April aus der Mediathek. Zur Begründung hieß es, der Beitrag erfülle nicht die Ansprüche, die das ZDF an die Qualität von Satiresendungen stelle.

"Wir plädieren dafür, einheitliche Maßstäbe anzulegen", schreibt der Redakteursausschuss. Auch in anderen ZDF-Sendungen wie der "heute-show" oder der "Anstalt" würden Politiker notorisch so angegangen, dass sie beleidigt sein könnten. "Personen der Zeitgeschichte müssen sich bitterböse Satire gefallen lassen."

Weiter heißt es in dem Brief, der Fall Böhmermann habe zur Verunsicherung bei Programmmachern geführt. Dabei gehe es um die Frage, gegen welche Qualitätskriterien das Gedicht verstößt und wie weit Satire im ZDF gehen darf. Der Redakteursausschuss schlägt dazu eine Diskussion zwischen Programmgestaltern und Verantwortlichen des Hauses vor.