Studie: "Rente für alle" könnte höheres Renteniveau bringen
Eine einheitliche Erwerbstätigenversicherung könnte nach einer Untersuchung der Ruhr-Universität Bochum das Rentenniveau erhöhen und einen Anstieg der Beiträge bremsen.

Köln (epd) Wenn auch Selbstständige und Beamte in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen würden, blieben die Beitragssätze wesentlich länger stabil als nach dem jetzt geltenden System, heißt es in der am Donnerstag in Köln veröffentlichten Langfristprojektion für das ARD-Magazin "Monitor".

Die Berechnung des Sozialökonomen Martin Werding von der Ruhr-Uni simuliert bis ins Jahr 2060 hinein die Wirkung einer einheitlichen Erwerbstätigenversicherung. Demnach würde der Beitragssatz in 20 Jahren nur moderat auf 22,8 Prozent steigen, wenn das Rentenniveau von derzeit 47,8 Prozent auf 52,6 Prozent erhöht würde. Im jetzigen System wäre der Beitragssatz gleich hoch, das Rentenniveau läge aber in 20 Jahren nur noch bei 43,7 Prozent, wie es hieß. Im Jahr 2060 wäre der Beitragssatz der Berechnung zufolge bei der Erwerbstätigenversicherung knapp zwei Prozentpunkte niedriger als im derzeitigen System.

Neuausrichtung der Rentenpolitik

Der Wirtschaftsweise Peter Bofinger bezeichnete die Ergebnisse der Untersuchung dem Bericht zufolge als "erstaunlich". Es spreche "viel dafür, dass man künftig die Selbstständigen und wahrscheinlich auch die Beamten einbeziehen muss", sagte er dem Magazin. Das dürfe aber nicht dazu führen, dass die Altersversorgung der Beamten verschlechtert werde.

Auch der Bundesvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen in der SPD, Klaus Barthel, forderte eine Neuausrichtung der Rentenpolitik. "Ich glaube, dass die SPD hier in Zukunft stärker in die Offensive gehen muss und dass das ein ganz wichtiger Teil von einem Regierungsprogramm ab 2017 sein muss."

Dagegen zeigte sich das Bundesarbeitsministerium dem Bericht zufolge skeptisch. Eine Entlastung der Rentenfinanzen könne durch eine einheitliche Rentenversicherung nur vorübergehend erreicht werden. "Den neu hinzukommenden Beiträgen von Selbstständigen und Beamten stehen zeitverzögert auch entsprechend Rentenausgaben gegenüber", zitiert das Magazin aus einer Stellungnahme des Ministeriums.

SPD-Chef Sigmar Gabriel hatte Anfang der Woche die Diskussion um die Rente angestoßen. Er stellte eine umfassende Rentenreform in Aussicht, um das Niveau der gesetzlichen Rente auf dem jetzigen Stand zu stabilisieren und Altersarmut zu verhindern. Nach einer am Dienstag veröffentlichten WDR-Untersuchung droht fast jedem zweiten Bundesbürger wegen des sinkenden Rentenniveaus eine Rente unterhalb der Armutsgrenze.