Dachverband fordert mehr Sozialgeld für Trennungskinder
Die Arbeitsgemeinschaft der deutschen Familienorganisationen (AGF) hat die Bundesregierung aufgerufen, im Sozialgesetzbuch II höhere Zahlungen für alle Kinder einführen, die getrennt von ihren Eltern leben.
12.04.2016
epd
epd-Gespräch: Dirk Baas

Frankfurt a.M. (epd) Das Existenzminimum für Trennungskinder sei nach heutigem Recht nicht gedeckt, sagte AGF-Geschäftsführer Sven Iversen im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd): "Das Leben in zwei Haushalten führt zwangsläufig zu Mehrbedarf, weil viele Dinge doppelt angeschafft werden müssen." Die Kosten dafür müssten in die Berechnung des Sozialgeldes für Kinder einfließen, forderte der Experte.

Existenzsicherung der Kinder gefährdet

Sozialgeld steht nichterwerbsfähigen Hilfebeziehern zu, die mit einem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einer Bedarfsgemeinschaft leben und keinen Anspruch auf Sozialhilfe haben. Grundsätzlich sind Kinder unter 15 Jahren anspruchsberechtigt.

Das Rechtsvereinfachungsgesetz zum Sozialgesetzbuch II beschäftigt am kommenden Freitag erstmals den Bundestag. Die vorliegenden Entwürfe seien unzureichend, beklagte Iversen. Sie setzten "lediglich die Mangelverwaltung zwischen den Eltern fort".

Das Sozialgeld soll nach den aktuellen Plänen tageweise aufgeteilt und dem jeweils betreuenden Elternteil zugerechnet werden. Das sei nicht zu akzeptieren, sagte der Geschäftsführer, weil das im Gegenzug zu Kürzungen des Alleinerziehenden führe. So sei die Existenzsicherung der Kinder gefährdet. "Und es besteht ein Anreiz, die Umgangstage mit dem anderen Elternteil möglichst gering zu halten oder ganz auszusetzen", erläuterte Iversen. Der Gesetzgeber erzeuge erhebliches Konfliktpotenzial.

Um einem Kind mit Aufenthalten in zwei Haushalten alles Notwendige bereitstellen zu können, bedürfe es oft doppelter Anschaffungen. "Zum Beispiel das Bett oder einen Schreibtisch. Auch Kleidung, Spielzeug und Schreibwaren werden doppelt benötigt." Dieser Bedarf ist im Sozialrecht aber bisher nicht berücksichtigt: "Der Entwurf wird den Bedarfen der Kinder überhaupt nicht gerecht."

Hohe finanzielle Einbußen

Bundesweit lebten laut Bundesagentur für Arbeit im Juni 2015 rund 980.000 Kinder unter 18 Jahren in alleinerziehenden Bedarfsgemeinschaften. Die Zahl der unter 15-Jährigen lag bei 830.000. Das sei die Hälfte aller Kinder mit Sozialgeldbezug.

Iversen rechnete vor, welche finanziellen Einbußen alleinerziehenden Eltern künftig drohen. Ein Kind im Alter von sechs bis 14 Jahren erhält täglich neun Euro Sozialgeld. Wird das für zwei Wochenenden (fünf Tage) im Monat gekürzt, muss der Alleinerziehenden-Haushalt mit 45 Euro weniger auskommen: Gut 16 Prozent des ursprünglichen Budgets (270 Euro/Monat) entfallen. Bei zehn Tagen sind es schon 90 Euro weniger. Diese Lücke könnten die Eltern nicht schließen, denn sie erhalten mit den SGB-II-Regelsätzen nur das existenznotwendige Minimum.