Hanau (epd) Die Untersuchung der Rechtsmedizin Frankfurt am Main habe eine chronische Herzinsuffizienz verbunden mit einem Herzinfarkt festgestellt, sagte der Hanauer Oberstaatsanwalt Jürgen Heinze am Freitag. Eine Fremdeinwirkung könne ausgeschlossen werden. Die Hauptverhandlung gegen den 93-Jährigen vor dem Landgericht Hanau hätte am 13. April beginnen sollen. Der Vorwurf lautete auf Beihilfe zum Mord in mindestens 1.075 Fällen.
Verhandlungsfähig aber eingeschränkt
Die Staatsanwaltschaft hatte dem Angeklagten vorgeworfen, zwischen November 1942 und Juni 1943 als Mitglied des SS-Totenkopfsturmbanns in Auschwitz Wachdienst verrichtet zu haben. Dabei habe er im Alter von 19 und 20 Jahren bei der Abwicklung von drei Gefangenentransporten mitgewirkt. Von den Deportierten aus Berlin, Drancy (Frankreich) und Westerbork (Niederlande) waren nach Angaben des Landgerichts unmittelbar nach der Ankunft in Auschwitz mindestens 1.075 Personen in den Gaskammern getötet worden.
Ein Arzt hatte den Angeklagten als verhandlungsfähig beurteilt, allerdings hätte die Gerichtsverhandlung nur vier Stunden pro Tag dauern dürfen. Bislang waren sechs Angehörige der in Auschwitz Getöteten als Nebenkläger zugelassen worden, zwei weitere wären möglicherweise bis Prozessbeginn hinzugekommen, sagte der Pressesprecher des Landgerichts Hanau, Andreas Weiß, dem Evangelischen Pressedienst (epd).
Aufsehen erregte im vergangenen Juli das Urteil des Lüneburger Landgerichts gegen den früheren SS-Mann Oskar Gröning. Der 94-Jährige war wegen Beihilfe zum Mord in mindestens 300.000 Fällen im KZ Auschwitz-Birkenau zu vier Jahren Gefängnis verurteilt worden. Seine Verteidiger und die Anwälte der Nebenkläger beantragten daraufhin eine Revision vor dem Bundesgerichtshof (BGH).