Ureinwohner fordern mehr Einfluss vor Wahlen in Peru
Am Sonntag wählen die Peruaner ein neues Parlament und einen Präsidenten. Die Ureinwohner des Landes sind in der Politik und bei gesellschaftlichen Prozessen nach Einschätzung des Anthropologen Ismael Vega zu wenig vertreten.
08.04.2016
epd
Regine Reibling (epd-Gespräch)

Lima (epd) Obwohl rund ein Drittel der Bevölkerung indianische Wurzeln habe, spiegele sich das bei den Parlaments- und Präsidentenwahlen am Sonntag nicht wider, kritisierte Ismael Vega, Direktor des Zentrums für Anthropologie der Amazonasregion (CAAAP), im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) in der peruanischen Hauptstadt Lima. So würden die indianischen Völker und ihre Forderungen in den Parteiprogrammen kaum berücksichtigt - und das obwohl der aktuelle Präsident, Ollanta Humala, indianischer Abstammung ist.

Nur einzelne indianische Abgeordnete

Nach Angaben des Ministeriums für Kultur gibt es in Peru 55 Urvölker, 51 von ihnen im Amazonasgebiet. Doch von den zehn Präsidentschaftskandidaten ist Miguel Hilario vom Volk der Shipibo (Amazonas) der einzige mit indianischer Abstammung. Er wurde in den Medien erst wahrgenommen, als er in der Fernsehdebatte mit Favoritin Keiko Fujimori diskutierte.

Auch im Kongress sind nur einzelne indianische Abgeordnete vertreten. Eine politische Bewegung gibt es nicht. Einen Grund dafür sieht Vega in der kolonialen Vergangenheit, "in der erdrückenden Hegemonie der westlichen Gesellschaft" und einer westlich geprägten politischen Klasse.

Allerdings sei dies bis vor einigen Jahren noch viel deutlicher gewesen, sagte Vega. Unter Präsident Humala sei 2012 eingeführt worden, dass indianische Gemeinden beispielsweise bei Bergbau- oder Ölförderprojekten angehört werden. Seitdem seien 21 solcher Prozesse abgeschlossen worden. Des Weiteren habe die oberste Wahlbehörde im vergangenen Jahr festgelegt, dass die Parteien verpflichtet seien, Interkulturalität stärker zu berücksichtigen.

Indianische Organisationen aufgesplittet

Seit rund zehn Jahren müssten die Parteien außerdem mindestens 15 Prozent ihrer Wahllisten mit Kandidaten indianischer Abstammung besetzen, erläutert Vega. "Doch statt die politische Teilhabe der Ureinwohner zu stärken, hat diese Regelung die Beteiligung geschwächt", kritisiert der Anthropologe. Die indianischen Organisationen hätten sich stärker fragmentiert und aufgesplittet. Ihr Engagement in der Partei sei individuell und "stützt sich nicht auf ein kollektives Mandat ihrer Gemeinde oder ihres Volkes".

Dabei spielt laut Vega das Geld vor allem im Wahlkampf eine entscheidenden Rolle. Die Ureinwohner, die kandidieren wollten, seien fast vollständig von der finanziellen Hilfe der Parteien abhängig, für die sie antreten. "Sie müssen ihre Kampagne an die westliche Logik anpassen und können sie nicht selbst gestalten."