Landwirtschaftsminister: Küken-Schreddern derzeit nicht zu verhindern
Umweltschützer fordern sofortiges Ende der Praxis
Tierschützer sprechen vom Kükenmord, die Industrie nimmt das Küken-Schreddern aus wirtschaftlichen Gründen in Kauf. Nun hat Bundeslandwirtschaftsminister Schmidt die Praxis verteidigt.

Essen/Berlin (epd) Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) hat die Möglichkeit des sogenannten Küken-Schredderns verteidigt. Wer keine Alternativen anbieten könne, argumentiere unehrlich, sagte Schmidt den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Donnerstagsausgaben). Bei einem Verbot der Massentötung männlicher Küken würden die Brütereien in Deutschland schließen und ins Ausland abwandern, sagte der CSU-Politiker. Dort würden die Tiere ebenfalls geschreddert. Tierschützer kritisierten Schmidts Position und forderten ein sofortiges Ende des Küken-Tötens.

In Deutschland werden jährlich rund 50 Millionen männliche Küken in der Legehennenproduktion direkt nach dem Schlüpfen umgebracht. Die männlichen Tiere sind für die Landwirte nicht lukrativ, da sie keine Eier legen und auch nicht genug Fleisch ansetzen.

Laborversuch

Schmidt äußerte sich in dem Interview zuversichtlich, dass ein wissenschaftliches Verfahren die Küken-Vernichtung noch in diesem Jahr überflüssig macht. Ziel ist es, das Geschlecht vor dem Ausbrüten der Eier zu erkennen, so dass männliche Küken erst gar nicht schlüpfen. In einem Laborversuch des Forschungsverbunds Leipzig/Dresden funktioniere dieses Verfahren bereits, sagte der Minister. Sobald die Technik zur Verfügung stehe, greife das Verbot im Tierschutzgesetz, ein "Wirbeltier ohne vernünftigen Grund" zu töten. "Das Schreddern ist dann vorbei", sagte Schmidt.

Um das Küken-Schreddern aus wirtschaftlichen Gründen zu verhindern, hatte die Opposition im Bundestag bereits eine Änderung des Tierschutzgesetzes beantragt. Der Antrag fand im Parlament allerdings keine Mehrheit. Der agrarpolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Friedrich Ostendorff, wertete Schmidts Aussagen nun als "politisches Totalversagen". Schmidt kusche vor der Geflügelindustrie, kritisierte Ostendorff.

Tiere "keine Abfallprodukte"

Der Umweltminister von Nordrhein-Westfalen, Johannes Remmel (Grüne), forderte Schmidt auf, zügig zu handeln, statt sich hinter Absichtsbekundungen und Forschungsvorhaben zu verstecken. Er sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd): "Schreddern von Tieren ist nicht alternativlos", es verstoße gegen die deutsche Rechtsordnung. Tiere seien "keine Abfallprodukte".

Auch Tier- und Umweltschützer fordern einen schnellstmöglichen Ausstieg aus dem Küken-Töten. Der Präsident des Deutsche Tierschutzbundes, Thomas Schröder, kritisierte Schmidts Haltung als inkonsequent. Dass ein Verbot in Deutschland das Schreddern ins Ausland verlege, sei "ein Abgesang auf den bisher immer erklärten Willen der Bundesregierung, den Tierschutz als Vorreiter in der EU voranzubringen".

"Mehr Forschungsmittel nötig"

Christian Rehmer, Leiter Agrarpolitik vom Bund für Umwelt und Natur Deutschland (BUND), hält die von Schmidt anvisierte Geschlechter-Früherkennung "nur für eine Übergangslösung". Er sagte auf Anfrage, die Methode "ändert nichts am System der Geflügelhaltung. Jedes zweite Tier bleibt Abfall". Ziel müsse deshalb die Haltung von Zweinutzungsrassen sein, deren Hennen Eier legen und deren Hähne Fleisch ansetzten. "Dafür müssen mehr Forschungsmittel von der Bundesregierung zur Verfügung gestellt werden", sagte Rehmer.