Geschickt stellt das Drehbuch (Rolf Basedow, Christoph Busche, nach einer Vorlage von Jan Braren) einen emotionalen Bezugspunkt von der Gegenwart in die Vergangenheit her: An Winters Seite ermittelt eine junge Kommissarsanwärterin (Liv Lisa Fries). Sie ist die Tochter seines früheren Partners, Walter Ahler (Sylvester Groth). Winter erzählt ihr während diverser Autofahrten und Observierungen, wie er und Ahler bei ihrer Suche nach den untergetauchten Rechtsextremisten systematisch vom Landesamt für Verfassungsschutz ausgebremst worden sind. Die Staatsschützer waren ihnen stets einen Schritt voraus, sodass sich Winter irgendwann wie in der Fabel von Hase und Igel fühlte.
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
Der Film mit dem angesichts der Umstände sarkastischen Titelzusatz "Nur für den Dienstgebrauch" entspricht als Polit-Thriller am ehesten dem üblichen TV-Krimimuster; die Handlung beginnt mit einem rasant geschnittenen Banküberfall. Ähnlich wie das erste Stück über die Täter ist auch das Ermittlerporträt eine Mischung aus Fakten und Fiktion; mit dem Unterschied, dass die vermuteten Vertuschungsversuche der Wahrheit recht nahe kommen dürften. Mitunter erinnert die Handlung an vergleichbare Hollywoodfilme, in denen skandalöse CIA-Machenschaften angeprangert werden. Die drei Produktionen sind zwar unabhängig voneinander entstanden, aber die Parallelen zwischen den Beiträgen über Täter und Ermittler sind offenkundig, und das nicht nur wegen des identischen Handlungsorts; auch stilistisch gibt es Ähnlichkeiten. Regisseur Florian Cossen verwendet für seine Rückblenden sogar Ausschnitte aus Christian Schwochows Film, setzt als einziger aber auch mit einigen kunstvoll verblüffenden Übergängen eigene optische Akzente.
Zur Besetzung gehört daher auch hier wieder Anna Maria Mühe, selbst wenn Beate Zschäpe hier nur eine Nebenfigur ist. Auch weitere wichtige Rollen sind namhaft besetzt. Ulrich Noethen zum Beispiel hat einige fast skurril anmutende Auftritte als selbstgefälliger Leiter des Thüringer Landesamts für Verfassungsschutz; angesichts der Eigenmächtigkeiten der Behörde klingt es wie Hohn, wenn er sich dennoch als "Dienstleiter der Demokratie" bezeichnet. In der bizarrsten Szene gerät Winter zufällig in einen Maskenball des LfV, in dessen Verlauf Behördenchef Roewer sinnigerweise ein englisches Lied vorträgt, in dem es unter anderem heißt "We are shadows in the dark" ("Wir sind Schatten in der Dunkelheit"). Bei der Gelegenheit kommt es auch zur einem wegen seiner Maske fast anonymen kurzen Gastspiel von Christian Berkel als LfV-Mitarbeiter, der Winter davon in Kenntnis setzt, wie und warum der Verfassungsschutz so eng mit der rechten Szene in Thüringen verflochten ist. Weitere wichtige Rollen spielen Florian Stetter als Roewers rechte Hand, der Winter immer wieder einen Strich durch seine Ermittlungen macht, und Alexander Beyer als LKA-Rechercheur, der ohnmächtig mit ansehen muss, wie die Ergebnisse seiner Arbeit im Reißwolf enden.
"Die Ermittler" macht fassungslos
Und so ist der Film über die Ermittler die Trilogie nicht nur inhaltlich, sondern auch stimmungsmäßig die perfekte Ergänzung. "Die Täter" schildert schockierend und schonungslos, wie sich drei junge Menschen immer mehr radikalisieren; und zwar keineswegs, weil sie irgendwelchen Rattenfängern auf den leim gegangen sind. "Die Opfer" ist der bedrückendste Beitrag. Allerdings weckt der Film angesichts der haltlosen Verdächtigungen der Polizei, die den Täter nach der Ermordung eines türkischstämmigen Blumenhändlers zunächst in seinem Umfeld suchen, auch eine Empörung, die Teil drei spätestens mit dem grimmigen Epilog noch vertieft. "Die Ermittler" schließlich macht im Grunde vor allem fassungslos. Einige der vielen offenen Fragen werden möglicherweise im Anschluss in der Dokumentation "Der NSU-Komplex" beantwortet.