Expertin sieht Pflicht zur Teilnahme an Deutschkursen skeptisch
Deutschkurse für Flüchtlinge zur Pflicht zu machen, ist nach Einschätzung der Osnabrücker Sprachwissenschaftlerin Angela Grimm wenig aussichtsreich.
30.03.2016
epd
epd-Gespräch: Leonore Kratz

Osnabrück (epd) Dadurch könne eine Abwehrhaltung entstehen, sagte die Professorin des Instituts für Migrationsforschung und Interkulturelle Studien dem Evangelischen Pressedienst (epd). Wie erfolgreich Menschen eine neue Sprache lernen, hänge vor allem mit ihrer Motivation zusammen.

Möglichkeit zu arbeiten

"Wir müssen die Motivation der Menschen zu fassen kriegen", betonte Grimm. Dazu bräuchten die Flüchtlinge und Migranten vor allem eine Perspektive für ihre Zukunft, wie etwa die Möglichkeit zu arbeiten. Diese fehle aber derzeit vielen. Aber auch eine Arbeitsstelle allein reiche oftmals nicht aus, um erfolgreich Deutsch zu lernen, wie das Beispiel der Gastarbeiter in den 60er Jahren zeige.

Während Kinder relativ mühelos neue Sprachen lernen und diese "aufsaugen" könnten, falle Erwachsenen das schwerer. Zwar kämen alle Menschen mit der Fähigkeit zur Welt, mehrere Sprachen zu lernen. Diese angeborene Fähigkeit gehe ab dem fünften Lebensjahr aber immer mehr verloren. "Je älter ein Sprach-Lerner wird, desto wichtiger werden Faktoren wie Intelligenz, Talent und die eigene Motivation."

Deshalb sollten den Neuankömmlingen nicht nur ihre Möglichkeiten im "Wirrwarr von Bildungsinstitutionen" erklärt werden. Darüber hinaus müssten ihnen ganz konkrete Beispiele des Lebens wie etwa der Berufsalltag in Deutschland gezeigt werden. So könne erklärt werden, was mit den Berufen an Rechten, aber auch an Pflichten wie beispielsweise gute Deutschkenntnisse oder Pünktlichkeit verbunden sei.

Die neue Sprache zu lernen, sei der Schlüssel zur Integration: "Wenn man Anschluss in der Gesellschaft sucht, geht es nicht ohne Deutsch", sagte Grimm. Hilfreich könne es auch sein, Menschen mit ähnlichem Migrationshintergrund einzubeziehen. "Sie können die Neuankömmlinge begrüßen und wissen, was sie brauchen." In Kanada würden solche "cultural broker" bereits erfolgreich eingesetzt.