Bundesländer: Flüchtlingspauschale deckt nur Bruchteil der Kosten
Sieling: Schuldenbremse kennt Ausnahmesituationen
Der Streit um die Übernahme der Kosten für die Integration von Flüchtlingen hält an. Die Bundesländer sehen keinen weiteren finanziellen Spielraum. Sollte der Bund nicht mehr zahlen, erwägen sie wohl, Ausnahmen bei der Schuldenbremse zu aktivieren.

Berlin (epd) Um die Kosten für die Integration von Flüchtlingen in Deutschland zu decken, haben die Länder erneut eine stärkere Beteiligung des Bundes gefordert. Die vom Bund übernommene monatliche Pauschale von 670 Euro pro Flüchtling reiche bei weitem nicht aus, sagte Bremens Bürgermeister Carsten Sieling (SPD) nach einem Treffen der Regierungschefs der Bundesländer am Donnerstag in Berlin. Nur etwa zehn bis 15 Prozent, "vielleicht hier und da auch mal 20 Prozent" der Kosten seien damit gedeckt, sagte der SPD-Politiker, der derzeit Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz ist.

Sondersituation Integration

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) sagte, selbst eine 50:50-Aufteilung der Kosten sei für die ärmeren Bundesländer nicht zu tragen, ohne die Schuldenbremse zu reißen. Es handele sich bei der Flüchtlingsintegration um eine Sondersituation, "die wir schlicht und einfach nicht finanziell abdecken können".

Sieling sagte, in der Frage der Schuldenbremse müsse der vom Grundgesetz vorgegebene Rahmen voll ausgeschöpft werden. "Der Artikel, der die Frage der Schuldenbremse regelt, kennt ja auch Notsituationen." Wenn diese vorliegen, dann könne es auch in Ausnahmen "zu einer zeitlich befristeten höheren Kreditaufnahme kommen". Sieling zeigte sich sicher, dass der "überwiegende Teil der Länder" von dieser Klausel in den nächsten Monaten Gebrauch machen müsse. Andernfalls sähen sich die Länder gezwungen, andere Leistungen zu kürzen, warnte Sieling. Das aber könne niemand wollen.

Auch Haseloff mahnte den Bund, zügig Verantwortung zu übernehmen - vor allem mit Blick auf die Ergebnisse der Landtagswahlen am vergangenen Sonntag. 24 Prozent AfD-Stimmen in Sachsen-Anhalt hätten deutlich gemacht, wie wichtig ein schnelles Handeln sei. Die Menschen würden vermuten, dass ihnen etwas weggenommen werde. Vor allem diejenigen im unteren Drittel der Einkommen dürften nicht das Gefühl bekommen, es werde "ständig Politik zu ihren Lasten" gemacht, sagte Haseloff.

Faire Finanzierung gefordert

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) bekräftigte die Forderung der Bundesländer nach mehr Bundesmitteln. "Wir sind uns einig, dass der Bund 50 Prozent der Kosten übernehmen muss", erklärte er nach dem Treffen. Die bisher zugesagten und geleisteten Anteile seien völlig unzureichend.

Integration könne nur gelingen, wenn dafür auch etwa genügend Lehrer oder Erzieher eingesetzt werden könnten, betonte Woidke: "Sie muss ausfinanziert sein und darf aber auf keinen Fall auf Kosten anderer wichtiger Leistungen gehen." 2015 habe der Bund 12,5 Prozent der Kosten für die Unterbringung und Betreuung von Flüchtlingen in Brandenburg getragen. Für 2016 gebe es Zusagen für knapp 18 Prozent. "Das ist deutlich zu wenig", betonte Woidke: "Fair ist eine Finanzierung je zur Hälfte." Er sei optimistisch, dass in den kommenden Bund-Länder-Gesprächen ein fairer Ausgleich gefunden werde.