Vor EU-Gipfel gebremste Zuversicht auf Lösung in der Flüchtlingskrise - Entwurf: Alle irregulären Migranten zurück in die Türkei
Vor dem EU-Gipfel zur Flüchtlingskrise herrscht in Brüssel verhaltene Zuversicht auf eine Einigung mit der Türkei zur Rücknahme aller Flüchtlinge.

Brüssel (epd) EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, EU-Ratspräsident Donald Tusk und Europaparlamentspräsident Martin Schulz (SPD) gaben am Donnerstag zu verstehen, dass eine Einigung zwischen den EU-Staaten und anschließend mit der Türkei zwar nicht sicher, aber möglich sei.

Rückführung von Migranten

"Wenn alles gut geht und wenn die Vernunft obwaltet", werde man "zu einem Ergebnis kommen, dessen Zustandekommen ich allerdings noch nicht garantieren kann", sagte Juncker. Parlamentspräsident Schulz gab sich "zuversichtlich", dass eine Lösung erreicht werd.

Etwas verhaltener äußerte Tusk: "Ich bin vorsichtig optimistisch, aber ehrlich gesagt mehr vorsichtig als optimistisch." Die beabsichtigte Einigung mit der Türkei müsse für jeden der 28 EU-Staaten akzeptabel sein, "egal ob groß oder klein". Als Ratspräsident ist Tusk Gastgeber des am Nachmittag in Brüssel beginnenden EU-Gipfels, zu dem am Freitagmorgen der türkische Regierungschef Ahmet Davutoglu hinzustoßen soll. Im Mittelpunkt der Verhandlungen steht die Rückführung von Migranten in die Türkei.

In einem vertraulichen Entwurf der gemeinsamen Gipfel-Erklärung, der dem Evangelischen Pressedienst vorliegt, heißt es dazu: "Alle neuen irregulären Migranten, die von der Türkei aus auf die griechischen Inseln gelangen, werden in die Türkei zurückgebracht." Dies sei eine "temporäre und außergewöhnliche Maßnahme".

Dessen ungeachtet sollen Migranten in Griechenland einen Asylantrag stellen können. Die EU-Kommission hatte schon zuvor klargemacht, dass jeder Migrant das Recht auf eine individuelle Prüfung seines Falles hat - pauschale Gruppenrückführungen in die Türkei soll es also nicht geben. Der Europarat, der über die Menschenrechte in Europa wacht und eine von der EU unabhängige Organisation ist, begrüßte am Donnerstag in Straßburg diese Linie.

Allerdings ist nicht ausgemacht, dass Griechenland jeden Asylantrag auch inhaltlich prüft. Vielmehr kann ein EU-Land Asylanträge für unzulässig zu erklären, vor allem wenn der Betreffende aus einem sogenannten sicheren Drittstaat kommt oder andernorts schon internationalen Schutz genießt.

Türkei stellt Bedingungen

Die EU baut also darauf, dass Griechenland sich - nach individueller Prüfung jedes Falles - für die Asylverfahren für nicht zuständig erklärt, da die Menschen auch in der Türkei sicher seien. "Die Mitglieder des Europäischen Rates begrüßen die Verpflichtung der Türkei, dass in die Türkei zurückgeführte Migranten in Übereinstimmung mit den internationalen Standards geschützt werden", heißt es in diesem Zusammenhang im Entwurf der Gipfel-Erklärung.

Neben dieser Regelung, die für Migranten jedweder Nationalität gelten würde, soll ein spezieller Mechanismus für Syrer eingerichtet werden. Dabei dürfte für jeden von der Türkei zurückgenommenen Syrer ein anderer Syrer direkt aus der Türkei nach Europa kommen. So soll das Schlepper-Geschäft zerstört und den Menschen die Hoffnung gegeben werden, legal in die EU zu gelangen. Allerdings dürfte die Verteilung dieser Flüchtlinge innerhalb der EU einer der Diskussionspunkte des Gipfels sein.

Daneben hat die Türkei weitere Bedingungen. Sie will, dass Türken schneller als bisher geplant visafrei in die EU reisen dürfen, eine Beschleunigung des Beitrittsprozesses zur EU und weitere drei Milliarden Euro für die Versorgung von Flüchtlingen in der Türkei.