Berlin, Brüssel (epd) Eine dauerhaft tragfähige Lösung sei erreichbar, sagte die Kanzlerin am Mittwoch in einer Regierungserklärung vor dem Bundestag in Berlin. Das zweitägige Gipfeltreffen beginnt am Nachmittag in Brüssel, am Freitag wird dazu auch der türkische Ministerpräsident Ahmet Davutoglu erwartet.
Einzelheiten des Plans
Die Türkei hat vorgeschlagen, alle irregulär in Griechenland ankommenden Migranten zurücknehmen. Im Gegenzug soll die EU in der nächsten Zeit für jeden zurückgenommenen syrischen Flüchtling einen Syrer auf sicherem und legalem Wege aufnehmen. Daneben soll es weitere Zugeständnisse an die Türkei geben, zum Beispiel bei der Visaliberalisierung. Die Zusammenarbeit mit der Türkei könnte den Schleppern ihre Geschäftsgrundlage entziehen, warb Merkel im Bundestag.
Sie würdigte die Anstrengungen der Türkei, die inzwischen 2,7 Millionen Flüchtlinge aufgenommen hat. "Es gereicht Europa nicht zur Ehre, sich als Union von 28 Mitgliedstaaten mit 500 Millionen Bürgern bislang so schwer getan zu haben, die Lasten zu teilen", sagte sie. Die Kanzlerin warnte zudem davor, die Reduzierung der Zahl der Flüchtlinge in Mitteleuropa durch die faktische Schließung der Balkanroute als Lösung anzusehen. Spätestens wenn sich die Flüchtlinge andere Routen suchen, werde offensichtlich, dass es sich um eine "Scheinlösung" handele.
Unterdessen wurden in Brüssel Einzelheiten des Planes bekannt. Bei der Rückführung der Migranten müssten Völkerrecht und EU-Recht gewahrt sein, erklärte die EU-Kommission. Dies erfordere "eine Einzelfallprüfung jedes Asylantrags". Die Menschen würden also nicht in Gruppen einfach von Griechenland zurück in die Türkei gebracht.
Das bedeutet aber nicht, dass Griechenland jeden Asylantrag auch inhaltlich prüfe, hieß es. Vielmehr kann ein EU-Land Asylanträge in bestimmten Fällen für unzulässig zu erklären, vor allem wenn der Betreffende aus einem sogenannten sicheren Drittstaat kommt oder andernorts schon internationalen Schutz genießt. Auf diese Regelung könnte sich Griechenland grundsätzlich berufen und Menschen in die Türkei zurückführen, machten hohe EU-Beamte in Brüssel klar. Derartige Entscheidungen seien allerdings von den Betroffenen anfechtbar.
Gewaltige Herausforderung
Das Vorhaben überzeugt nicht alle Kritiker. Die geplante Regelung sei "angesichts des de facto nicht existierenden Asylsystems in Griechenland als eine Farce" anzusehen, erklärte die Organisation "Pro Asyl" in Frankfurt. "Griechenland hat nicht die Kapazität, faire Asylverfahren durchzuführen."
In Berliner Regierungskreisen wird damit gerechnet, dass der Plan schnell greift und die Zahl der irregulären Einreisen schon vor dem Sommer stark sinkt. Das Kalkül in Brüssel und Berlin ist, dass die drohenden Rückführungen die Menschen abhalten, für die illegale Einreise viel Geld auszugeben und ihr Leben zu riskieren. Auch die EU muss dabei aber ihren Teil erfüllen und insbesondere nach dem vereinbarten Mechanismus legal syrische Flüchtlinge aus der Türkei aufnehmen. Der Plan sei insgesamt eine "gewaltige Herausforderung nicht nur für Griechenland, auch für die Türkei und für uns gemeinsam", hieß es aus Berliner Regierungskreisen.