Berlin (epd) Die Zahl der festgestellten ärztlichen Behandlungsfehler ist leicht zurückgegangen. Die Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen der Ärztekammern bescheinigten im vergangenen Jahr 2.132 entsprechende medizinische Fälle, wie die Geschäftsführerin der Schlichtungsstelle für Arzthaftpflichtfragen der norddeutschen Ärztekammern, Kerstin Kols, bei der Vorstellung der Behandlungsfehlerstatistik für das Jahr 2015 am Mittwoch in Berlin sagte. 2014 seien 2.252 Behandlungsfehler registriert worden.
Arbeit transparent machen
In fast 1.800 Fällen sei ein begründeter Anspruch des Patienten auf eine Entschädigung entstanden, sagte Kols weiter. Die häufigsten Diagnosen, die zum Vorwurf eines Behandlungsfehlers geführt hätten, betrafen Knie- und Hüftgelenkarthrosen sowie Unterschenkel- und Sprunggelenksfrakturen.
Andreas Crusius, Vorsitzender der Ständigen Konferenz der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen der Bundesärztekammer, erklärte, die Ursachen für Behandlungsfehler könnten komplex sein. Ein Grund sei jedoch der stetig wachsende Behandlungsdruck in Kliniken und Praxen. Im Jahr 2014 seien 688 Millionen ambulante Behandlungsfälle gezählt worden, 152 Millionen mehr als zehn Jahre zuvor. Im stationären Bereich wurden 2014 laut Crusius mehr als 19 Millionen Patienten behandelt.
Crusius ermunterte Ärzte, ihre Arbeit transparent zu machen. "Wir müssen wegkommen von Pauschalvorwürfen", sagte er. Fehler passierten in jedem Arbeitsfeld, auch in der Medizin. Wichtig sei, die Auswirkungen ernst zu nehmen und ihnen nicht gleichgültig gegenüber zu stehen. Crusius sagte, alle Ergebnisse der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen würden mit Hilfe des Medical Error Reporting Systems ausgewertet. Ziel sei es, mit den gewonnenen Daten neue Strategien zur Fehlervermeidung zu entwickeln.
Kein Ärzte-Pranger
Die gesundheitspolitische Sprecherin der Bundestagsgrünen, Maria Klein-Schmeink, kritisierte, "dass es immer noch kein verbindliches Fehlermeldesystem" gebe. Dabei dürfe es nicht darum gehen, Ärzte an den Pranger zu stellen. Ein transparenter Umgang mit Fehlern in Krankenhäusern sei jedoch Voraussetzung für eine patientenorientierte Qualitätssicherung, sagte die Grünen-Politikerin.
Zudem forderte Klein-Schmeink weitere Verbesserungen, damit Patienten im Falle von Behandlungsfehlern ihre Rechte besser durchsetzen können. Zwar leisteten die ärztlichen Schlichtungsstellen eine wichtige Arbeit und auch Patienten seien durch das Patientenrechtsgesetz besser über ihre Rechte informiert. Nötig seien jedoch Beweiserleichterungen vor Gericht, sagte Klein-Schmeink. Sie plädierte zudem dafür, einen Härtefallfonds einzurichten, "der dann aktiv wird, wenn Patienten einen schwerwiegenden Schaden erlitten haben, aber nicht eindeutig festgestellt werden kann, ob ein Behandlungsfehler dafür ursächlich ist". So ein Fonds würde Geschädigte und Behandelnde gleichermaßen entlasten, sagte Klein-Schmeink.