Zeitung: Krankenkassen droht Defizit durch Flüchtlinge
Der AOK-Bundesverband hat einen Bericht der "Frankfurter Rundschau" zurückgewiesen, wonach den gesetzlichen Krankenkassen wegen des Flüchtlingszustroms ein Milliardendefizit droht.

Frankfurt a.M., Berlin (epd)Das Blatt hatte am Mittwoch berichtet, schon 2016 entstehe eine Lücke von mehreren Hundert Millionen Euro, weil der Bund für Flüchtlinge und für andere Hartz-IV-Empfänger zu geringe Beiträge überweise. Die AOK bezeichnete die Berechnungen der Redaktion "als Blick in die Glaskugel. Über den tatsächlichen Behandlungsbedarf der Flüchtlinge sind kaum belastbare Zahlen bekannt." Auch das Bundesgesundheitsministerium stellte klar, dass diese Kosten noch nicht abgeschätzt werden könnten.

Finanzlücke absehbar

Die Zeitung hatte berichtet, nach eigenen Berechnungen werde das Finanzloch 2017 auf mehr als eine Milliarde Euro wachsen. Sollte der Steuerzuschuss nicht angehoben werden, müssten gesetzlich Versicherten mit höheren Zusatzbeiträgen rechnen.

Flüchtlinge werden in Bezug auf die Sozialsysteme nach einer Wartezeit von 15 Monaten normalen Arbeitnehmern gleichgestellt. Wenn sie keinen Job haben, haben sie Anspruch auf Hartz IV. Sie erhalten zudem die vollen Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung, die Beiträge an die jeweilige Kasse zahlt der Bund.

Die monatliche Lücke zwischen Beitrag und tatsächlichen Kosten für die Krankenversicherung betrage rund 100 Euro im Monat oder etwa 1.200 Euro im Jahr, berichtete die "Frankfurter Rundschau". Pro Hunderttausend Flüchtlinge entstehe so in der gesetzlichen Krankenversicherung ein Defizit von 120 Millionen Euro jährlich. Hinzu komme, dass die vom Bund überwiesenen 90 Euro auch für andere Hartz-IV-Empfänger nicht kostendeckend seien. Derzeit zahlt der Bund insgesamt 14 Milliarden Euro im Jahr.

Problem Hartz-IV-Bezieher

"Bei der in der 'Frankfurter Rundschau' angesprochenen Thematik handelt es sich im Kern nicht um ein Flüchtlingsproblem", erklärte der Krankenkassen-Spitzenverband GKV. Die Kosten für deren Gesundheitsversorgung in den ersten 15 Monaten würden von den Ländern und Kommunen, nicht von den Kassen getragen. Das schon seit längerem bestehende Problem liege vielmehr in den nicht kostendeckenden Kassenbeiträgen für die Bezieher von Hartz IV.

DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach, sagte, es sei falsch, die Flüchtlinge für Defizite der Krankenkassen verantwortlich zu machen. Sie kritisierte, dass der Staat für die Hartz-IV-Bezieher den gesetzlichen Krankenkassen zu wenig Geld erstatte. Er zahle nur etwa die Hälfte der tatsächlich kostendeckenden Beträge. Allein im vergangenen Jahr habe es dadurch bei den Kassen eine Unterdeckung von etwa 6,7 Milliarden Euro gegeben. "Der Bundesfinanzminister muss endlich den Steuerzuschuss erhöhen", sagte Buntenbach.

Das Finanzministerium verwies dagegen auf die weiterhin positive Finanzsituation der Kassen durch Beiträge. Zudem werde der Bundeszuschuss für die gesetzlichen Krankenversicherungen im nächsten Jahr von 14 auf 14,5 Milliarden Euro angehoben. Auch die AOK merkte an, dass bei der Finanzierung der Krankheitskosten der Hartz-IV-Empfänger ein generelles Problem bestehe, denn die staatlichen Zuschüsse seien nicht ausreichend.