Gewaltforscher: In Flüchtlingsdebatte werden Tabus gebrochen
Keine sachliche Diskussion, sondern eine Debatte auf der Grundlage von subjektiven Gefühlen: Gewaltforscher Andreas Zick warnt, dass in der Flüchtlingsdiskussion Tabus brechen.

Bielefeld (epd)Der Bielefelder Gewaltforscher Andreas Zick kritisiert Vereinfachungen beim Blick auf die Flüchtlinge in Deutschland. "In der Debatte geht es nur noch um Rückkehr und Grenzsicherung", sagte er dem in Bielefeld erscheinenden "Westfalen-Blatt" (Dienstagsausgabe). Die Diskussion werde nicht sachlich, sondern auf der Grundlage von subjektiven Gefühlen geführt und auf die Punkte Gefahren und Belastungen reduziert. "Da brechen dann Dämme und Tabus", warnte Zick und sprach erneut von einer "Populismusfalle".

30 Prozent anfällig für rechtsextremes Gedankengut

Mit dieser Entwicklung erklärt der Sozialpsychologe das Ergebnis einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov, in der es 29 Prozent von 2.800 Befragten für gerechtfertigt hielten, wenn auf unbewaffnete Flüchtlinge geschossen würde, die die deutsche Grenze überschreiten wollten. Das sei "ein relativ hoher Prozentsatz", sagte der Leiter des Instituts für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung der Universität Bielefeld. Hintergrund der Umfrage sind die umstrittenen Äußerungen der AfD-Vorsitzenden Frauke Petry, ein illegaler Grenzübertritt müsse notfalls auch mit der Schusswaffe verhindert werden.

Normalerweise zeige sich in Studien, dass etwa 20 Prozent der Deutschen Gewalt gegen Ausländer für hinnehmbar hielten, erläuterte Zick. Generell seien 30 Prozent der Bevölkerung anfällig für rechtsextremes Gedankengut und bis zu 25 Prozent stellten das Gewaltmonopol des Staates infrage.