Berlin, Ankara (epd)Angesichts Zehntausender neuer syrischer Flüchtlinge an der Grenze zur Türkei hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) dem Land weitere Hilfe bei der Versorgung von Schutzsuchenden versprochen. Bei einem Besuch am Montag in Ankara sagte Merkel, dass Mitarbeiter des Technischen Hilfswerks Helfer vor Ort unterstützen sollen. Merkel verurteilte die Bombenangriffe in Syrien "vorrangig auch von russischer Seite", die Zehntausende in die Flucht getrieben haben.
Reduzierung der Migration
Sie sei "entsetzt", welches Leid dadurch verursacht werde, sagte die Kanzlerin. Gemeinsam mit dem türkischen Ministerpräsidenten Ahmet Davutoglu wolle sie bei den Vereinten Nationen aktiv werden, um auf eine Einhaltung der Resolution des Sicherheitsrates zu dringen, nach der Angriffe auf die Zivilbevölkerung unterbleiben müssen.
Merkel und Davutoglu trafen sich am Montag, um weitere Schritte zur Reduzierung der irregulären Migration von Flüchtlingen über das Mittelmeer zu besprechen. Die EU hat der Türkei drei Milliarden Euro zur Versorgung der Schutzsuchenden versprochen, um dort Bleibeperspektiven zu schaffen, die die Menschen von der weiteren Flucht nach Europa abhalten sollen. Merkel drang auf schnelle Umsetzung. Die Kinder in den Flüchtlingslagern bräuchten jetzt und nicht erst in zwei Jahren Schulen, sagte sie.
Gleichzeitig setzt Deutschland auf eine engere Zusammenarbeit zur Sicherung der Grenze. Merkel und Davutoglu teilten nach dem Treffen mit, dass künftig deutsche und türkische Polizei kooperieren sollen, um illegale Grenzübertritte nach Europa zu verhindern. Auch die gemeinsame Schlepperbekämpfung soll fortgesetzt werden. Beide Regierungschefs wollen dazu die Nato um Unterstützung bei der Überwachung der See bitten.
Opposition skeptisch
Fortschritte sieht Merkel auch bei der Umsetzung von Kontingenten, über die gezielt Flüchtlinge aus den Nachbarländern Syriens nach Europa geholt werden sollen. "Wenn wir illegale Migration unterbinden wollen, dann müssen wir natürlich in einem bestimmten Umfang auch bereit sein, auf legalem Wege Flüchtlinge aufzunehmen, insbesondere syrische Flüchtlinge", sagte Merkel.
Nach ihren Angaben sollen in den kommenden Tagen deutsche und türkische Experten gemeisam mit der holländischen EU-Ratspräsidentschaft und Vertretern der EU-Kommission intensiv daran arbeiten, wie dies praktisch aussehen könnte. Die Kanzlerin sagte, es gebe eine Gruppe von Ländern, "die auf diesem Gebiet die ersten Schritte tun werden". Viele Länder in Europa wehren sich gegen die Pläne, nach denen Flüchtlinge im Rahmen von Kontingenten geholt und gerecht auf alle Mitgliedstaaten verteilt werden sollen. Zuletzt suchte Deutschland daher den Schulterschluss mit einigen Ländern, darunter Österreich und die Niederlande, in einer "Koalition der Willigen".
Die Opposition ist weiter skeptisch über die neue enge Zusammenarbeit zwischen Deutschland und der Türkei. "Allein Bezahlen wird es nicht lösen", sagte der Grünen-Vorsitzende Cem Özdemir dem MDR. Das Schlepper-Unwesen sei Teil der türkischen Ökonomie. "Da hat die Türkei noch einiges vor sich", sagte er. Die Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Sahra Wagenknecht, sagte im SWR, die Türkei sei Teil des Problems und nicht Teil der Lösung. Sie verwies dabei auf die Kämpfe in den Kurdengebieten, die selbst Flüchtlinge verursachten.