Koalition ringt erneut um Asylpaket
Die Koalition streitet wieder ums Asylpaket. Dabei hat das Gesetz längst das Kabinett passiert - offenbar aber mit unterschiedlichen Interpretationen. Man habe die Tragweite "anders eingeschätzt", erklärte das Familienministerium.

Berlin (epd)Nach dem erneuten Streit um das Asylpaket II wollen Union und SPD schnell eine Einigung finden. Am Montag suchten Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) und Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) einen Kompromiss bei der Regelung zum Familiennachzug bei Minderjährigen, wie Sprecher beider Ministerien in Berlin bestätigten. Die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Wirtz äußerte sich optimistisch, dass der Streit "im Nachgang" geklärt wird. Das Gesetzespaket ist bereits vom Bundeskabinett beschlossen. Nicht alle Mitglieder waren danach aber zufrieden. Das Bundesfamilienministerium räumte Fehler in der Ressortabstimmung ein.

Einschränkung für Minderjährige

Die entsprechende Textpassage sei aufgefallen, die Tragweite aber anders eingeschätzt worden, sagte Ministeriumssprecherin Verena Herb in Berlin. Das internationale Recht lasse die Einschränkung des Elternnachzugs nicht zu, ergänzte sie später. Daher habe das Ministerium das Gesetz so ausgelegt, dass der Elternnachzug möglich bleibt.

In der Interpretation des Bundesinnenministeriums gilt die geplante Aussetzung des Familiennachzugs aber für alle, auch für Minderjährige. Schon in der Ursprungsfassung des lang umstrittenen Gesetzespakets aus dem November war betont worden, dass die Einschränkungen auch für Minderjährige gelten sollen.

Das Asylpaket II, das neben der Aussetzung des Familiennachzugs für subsidiär Schutzberechtigte auch besondere Aufnahmeeinrichtungen und Schnellverfahren für Asylantragsteller mit geringer Bleibeperspektive vorsieht, ist am vergangenen Mittwoch vom Bundeskabinett verabschiedet worden. Nur wenige Tage später kritisierte SPD-Chef Sigmar Gabriel das Detail, das den Familiennachzug für bereits in Deutschland lebende minderjährige Flüchtlinge betrifft. Laut Sprecherin Wirtz war das konkrete Details bei der Absprache zwischen Gabriel, CDU-Chefin Angela Merkel und dem CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer kein Thema.

Der Sprecher des Innenministeriums, Johannes Dimroth, bestätigte am Montag, dass es dabei um verhältnismäßig wenig Fälle geht. 2014 seien Minderjährige in 214 Fällen als subsidiär Schutzberechtigte anerkannt worden. 2015 waren es 105, wobei hier noch mit einem Zuwachs zu rechnen sei, weil noch nicht alle Verfahren abgeschlossen seien. Nur für subsidiär Schutzberechtigte, bei denen nicht von einer persönlichen Verfolgung ausgegangen wird, soll es die Einschränkungen beim Familiennachzug geben.

Sprachkenntnisse verlangt

Das Kinderhilfswerk terre des hommes appellierte an den Bundestag, das Recht auf Familiennachzug für unbegleitete Flüchtlingskinder nicht einzuschränken. "Das wäre ein schwerer Verstoß gegen das Kindeswohl gemäß der UN-Kinderrechtskonvention", sagte Vorstandssprecher Albert Recknagel.

Aus den Reihen der CDU kamen indes weitere Forderungen nach Verschärfungen im Asylrecht. Der stellvertretende CDU-Vorsitzende Thomas Strobel forderte in der "Welt" (Montagsausgabe), Asylbewerbern das unbefristete Aufenthaltsrecht künftig frühestens nach fünf Jahren und nur unter klaren Bedingungen zu ermöglichen. "Nach drei Jahren bekommt man praktisch automatisch ein unbefristetes Daueraufenthaltsrecht", kritisierte er.

Strobl schlug vor, dass Asylberechtigte, anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte nur dann eine Niederlassungserlaubnis bekommen sollten, wenn sie "einigermaßen ordentlich Deutsch sprechen können", keine Straftaten begangen haben und wenn sie "mit 60 Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung nachweisen können, dass sie selbst für ihren Lebensunterhalt sorgen können". Innenministeriumssprecher Dimroth sagte, nach geltender Rechtslage sei ein Daueraufenthalt erst nach fünf Jahren möglich. Laut Aufenthaltsgesetz werden dafür auch bereits jetzt Sprachkenntnisse sowie Nachweise über die Sicherung des Lebensunterhalts und geleistete Sozialversicherungsbeiträge verlangt.

epd co ug