Berlin offenbar Anschlagsziel von Islamisten
Razzien in drei Bundesländern - Tatverdächtiger soll als Flüchtling eingereist sein
In Berlin ist möglicherweise ein Anschlag der Terrororganisation IS verhindert worden. Bei Großrazzien in drei Bundesländern wurden drei Personen festgenommen. Hinweise zu Anschlagsplänen kamen offenbar von einem ausländischen Nachrichtendienst.

Berlin (epd)Berlin ist offenbar ins Visier von IS-Terroristen geraten. "Wir ermitteln wegen des Verdachts der Vorbereitung einer schweren Straftat", sagte der Sprecher der Berliner Staatsanwaltschaft, Martin Steltner, am Donnerstag dem Evangelischen Pressedienst (epd). Konkret habe es Hinweise auf Anschlagsplanungen in Berlin gegeben. Zum möglichen Anschlagsort in der Bundeshauptstadt sowie zum möglichen Zeitpunkt wollte er sich nicht äußern: "Es gibt keinen Grund zur Dramatisierung, aber auch keinen zur Bagatellisierung."

Nach Informationen des "Tagesspiegels" (Freitagsausgabe) soll ein Terroranschlag auf das Areal des früheren Checkpoint Charlie in Berlin geplant gewesen sein. "Es sollte mit dem Checkpoint Charlie ein Tourismusziel getroffen werden", hieß es demnach in Sicherheitskreisen. Den Anschlag hätten führende Mitglieder der Terrormiliz IS in Syrien in Auftrag gegeben. Dabei habe es sich zum Teil um dieselben IS-Kader gehandelt, die auch hinter den Anschlägen vom November 2015 in Paris gesteckt hätten, sagten Sicherheitsexperten laut "Tagesspiegel". Den entscheidenden Tipp hätten die deutschen Behörden von einem ausländischen Nachrichtendienst bekommen.

Am Donnerstagmorgen hatten rund 450 Sicherheitskräfte mehrere Razzien in der Islamisten-Szene in Berlin, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen durchgeführt. Durchsucht wurden Wohnungen, Arbeitsstellen und Flüchtlingsheime. Dabei wurden zwei Männer und eine Frau wegen bereits vorliegender Haftbefehle festgenommen. Zudem wurden Computer, Mobiltelefone und Aufzeichnungen beschlagnahmt. Für die Durchsuchungen in den drei Bundesländern arbeiteten unter anderem das Bundesamt für Verfassungsschutz, das Bundeskriminalamt sowie die Generalstaatsanwaltschaften zusammen.

Verdächtige Algerier

Tatverdächtig seien insgesamt vier Personen, betonte Steltner. Es soll sich um algerische Staatsbürger handeln. Sie stünden im Verdacht, eine schwere staatsgefährdende Gewalttat geplant und Kontakte zur Terrorgruppe IS unterhalten zu haben.

Im nordrhein-westfälischen Attendorn wurde ein mutmaßlicher Verdächtiger festgenommen, der mit einem gefälschten syrischen Pass als Flüchtling nach Deutschland eingereist war, bestätigte der Sprecher der Berliner Generalstaatsanwaltschaft weiter. Der Mann sei nach Angaben aus Sicherheitskreisen im Herbst über die sogenannte Balkanroute nach Deutschland gekommen und in Bayern als Flüchtling registriert worden, berichteten die Zeitungen der Essener Funke Mediengruppe (Freitagsausgaben). Es handele sich um einen 35-jährigen Algerier.

Der Mann wurde dem Bericht zufolge von den algerischen Behörden mit internationalem Haftbefehl gesucht. Ihm werde die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen. Die deutschen Sicherheitsbehörden sollen Bildaufnahmen ausgewertet haben, die den Verdächtigen bei Kampfhandlungen der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) in Syrien und im Irak zeigen.

Seit Wochen beobachtet

Die deutschen Sicherheitsbehörden hatten die am Donnerstag festgenommene Gruppe den Informationen zufolge bereits seit Wochen im Visier. Die Mitglieder hätten sich konspirativ verhalten, mehrfach die Handys gewechselt und sich über sogenannte Instant Messenger verständigt.

Die Polizei habe am Donnerstag den Zugriff gestartet, weil die mutmaßlich fünf Mitglieder der Terrorzelle seit einigen Tagen nicht mehr über ihre Pläne geredet hätten, berichtete der "Tagesspiegel" weiter. Die Kommunikation wurde vom Bundesamt für Verfassungsschutz und der Polizei überwacht. "Als die nicht mehr über den Anschlag sprachen, war zu befürchten, dass sie ihre Planungen abgeschlossen hatten", hieß es aus Sicherheitskreisen. Denkbar sei allerdings auch, dass die Zelle ihr Vorhaben aufgegeben habe. Genauere Erkenntnisse müssten nun die Verhöre der Festgenommenen und das bei den Durchsuchungen sichergestellte Material ergeben.