Berlin (epd)Das Kabinett hat weitere Verschärfungen im Asylrecht beschlossen. Es billigte am Mittwoch in Berlin das zweite Asylpaket, auf das sich die Koalitionsspitzen zuvor nach wochenlangem Streit verständigt hatten. Der Entwurf sieht Asyl-Schnellverfahren in besonderen Aufnahmeeinrichtungen vor, die Aussetzung des Nachzugs enger Familienangehöriger und eine Kürzung der Asylbewerberleistungen. Das Gesetz soll Ende Februar vom Bundestag verabschiedet werden.
Mit einem zweiten Gesetz soll die Liste der sicheren Herkunftsländer um die Maghreb-Staaten Marokko, Algerien und Tunesien erweitert werden. Diesem Entwurf muss der Bundesrat zustimmen, in dem Union und SPD allein nicht die Mehrheit haben. Kritik kam von der Opposition und den Kirchen. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) bezeichnete die Gesetze als wichtige Bausteine zur Reduzierung der Flüchtlingszahlen.
Schnellverfahren sollen drei Wochen dauern
Die Schnellverfahren in den besonderen Aufnahmezentren für Flüchtlinge aus sicheren Herkunftsländern sollen nach längstens drei Wochen abgeschlossen sein. Die Menschen müssen so lange dort bleiben. Nach der Ablehnung ihres Antrags sollen sie direkt aus der Einrichtung zurückgeschickt werden.
Beim lange strittigen Familiennachzug bleibt es dabei, dass Flüchtlinge mit eingeschränktem, sogenanntem subsidiären Schutz zwei Jahre lang vom Recht ausgeschlossen werden, ihre engsten Angehörigen nachzuholen. Das gilt auch für Syrer. Deren Kinder oder Ehepartner sollen aber bei der Auswahl der Menschen für mögliche Kontingente vorrangig berücksichtigt werden. In der Europäischen Union ist bislang vereinbart, 160.000 Flüchtlinge umzuverteilen, was in der Praxis allerdings nicht funktioniert. 20.000 sollen aus Nachbarstaaten Syriens geholt werden, wohin Millionen Syrer geflohen sind.
Die SPD, die die Aussetzung des Familiennachzugs auf ein Jahr verkürzen wollte, akzeptierte die Zwei-Jahres-Lösung, weil im Gegenzug junge Flüchtlinge künftig einen Rechtsanspruch erhalten, während ihrer Ausbildung in Deutschland bleiben zu können. Darüber hinaus dürfen sie zwei weitere Jahre hier arbeiten. Bisher wurden die Aufenthaltsgenehmigungen der Auszubildenden zwar in der Regel verlängert, sie hatten darauf aber keinen Anspruch.
Hauptamtliche Helfer brauchen Führungszeugnis
Hauptberufliche Helfer in Einrichtungen für Jugendliche und Kinder müssen ein erweitertes Führungszeugnis vorlegen. Damit soll, wie in anderen Jugendeinrichtungen auch, laut Familienministerium der Gefahr sexueller Gewalt vorgebeugt werden. Für die Abschiebung erkrankter Flüchtlinge sollen schärfere Regeln gelten. Künftig können nur schwere Krankheiten oder Lebensgefahr geltend gemacht werden. Bisher zählen auch Traumatisierungen als Abschiebungshindernis.
Wie aus dem Gesetzentwurf hervorgeht, wird mit dem Asylpaket II das sogenannte Taschengeld für Asylbewerber von rund 140 Euro um pauschal zehn Euro im Monat gekürzt. Das gilt für jeden Flüchtling, auch wenn er nicht an einem Integrationskurs teilnimmt oder teilnehmen kann.
Grüne wollen im Bundestag nicht zustimmen
Die Grünen erklärten, sie würden dem Gesetzespaket im Bundestag nicht zustimmen. Der Fraktionsvorsitzende Anton Hofreiter sagte im Sender n-tv, das Schlimmste sei die Aussetzung des Familiennachzugs: "Bereits jetzt machen sich Unmengen von Frauen und Kinder auf den lebensgefährlichen Weg über das Mittelmeer". Die Linksfraktion erklärte, die Abschreckungspolitik der Regierung ziele auf die Schwächsten, auf Kranke, Minderjährige, Traumatisierte und andere schutzbedürftige Menschen.
Die kirchlichen Wohlfahrtsverbände, die sich in der Flüchtlingsarbeit engagieren, kritisierten die Verschärfungen im Asylrecht und die Aussetzung des Familiennachzugs. Der Caritasverband erklärte, Integration gelinge besser, wenn eine Familie eine gemeinsame Perspektive in Deutschland habe. Diakonie-Präsident Ulrich Lilie sagte, das Asylpaket II sehe nur Verschärfungen und Integrationshemmnisse vor. Die Folgen solcher Schnellentscheidungen würden sich später als gravierende Probleme bei der Integration auswirken. Pro Asyl, Amnesty International und der Deutsche Anwaltverein sehen durch die beschleunigen Verfahren die Menschenrechte von Flüchtlingen in Gefahr.