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Proteste gegen das geplante Prostituiertenschutzgesetz im Juni vergangenen Jahres in Frankfurt am Main.
Koalition einigt sich auf Gesetz zum besseren Schutz von Prostituierten
Union setzt sich mit restriktiverem Kurs gegen SPD
durch
Über zwei Jahre haben Union und SPD über eine Neuregelung der legalen Prostitution beraten. Die Liberalisierung vor 14 Jahren hat vor allem Bordellbetreiber begünstigt. Nun sollen Prostituierte besser geschützt werden.

Berlin (epd)Union und SPD haben sich am Dienstag in Berlin über neue Auflagen für Prostituierte und Bordellbetreiber verständigt. Damit ist der Entwurf des Prostituiertenschutz-Gesetzes von Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) nun auf dem Weg ins Kabinett. Von Juli 2017 an soll die Reform umgesetzt werden. Strittig waren bis zuletzt die Anmeldevorschriften für Prostituierte und die Verpflichtung zu Gesundheitsberatungen.

Über verschärfte Auflagen für Bordellbetreiber, die der Entwurf ebenfalls vorsieht, waren sich beide Seiten schon länger einig. Mit dem Gesetz will die Koalition die rot-grüne Liberalisierung der Prostitution von 2002 korrigieren. Sie hatte die Prostitution entkriminalisiert, in der Realität aber zu mehr Spielraum für Bordellbetreiber geführt. Die Grünen warfen Ministerin Schwesig nach der Einigung vor, sie habe zugelassen, dass sich die Hardliner in der Union durchgesetzt hätten.

Beratung wird Pflicht

Die Einigung folgt dem Willen der Union, wonach Prostituierte unter 21 Jahren sich zweimal im Jahr gesundheitlich beraten lassen und ihre Tätigkeit jedes Jahr bei den Behörden neu anmelden müssen. Prostituierte über 21 sollen sich einmal im Jahr beraten lassen und alle zwei Jahre anmelden. Die Anmeldung soll dort erfolgen, wo sie tätig sind, aber bundesweit gelten. Die Bundesländer können aber eigene Vorschriften machen und beispielsweise an jedem Arbeitsort eine erneute Anmeldung verlangen, wie es die Union ursprünglich vorgeschlagen hatte.

Familienministerin Schwesig hatte dagegen im November 2015 einen entschärften Entwurf in die Ressortabstimmung mit den beteiligten Ministerien gegeben. Danach war nur eine Gesundheitsberatung vor der ersten Anmeldung vorgesehen. Anschließend sollten sich die sehr jungen Frauen alle zwei Jahre anmelden, Prostituierte über 21 nur alle vier Jahre. Dies sollte zudem online möglich sein. Nunmehr sollen sich die Frauen persönlich anmelden, entweder mit ihrem eigenen oder einem Alias-Namen. Die Bescheinigung soll mit einem Passfoto versehen werden.

Der Staatssekretär im Familienministerium, Ralf Kleindiek, erklärte, die Regelungen für die legale Prostitution dürften die Länder und die Kommunen nicht überfordern. Das nun gefundene Ergebnis sei praktikabel und werde dem Schutzgedanken gerecht. Danach treten die Anmelde- und Beratungspflichten mit Übergangsfristen von bis zu 15 Monaten in Kraft.

Verbot von Flatrate-Sex

Aufseiten der Bordellbetreiber sieht das Gesetz eine Erlaubnispflicht vor. Menschenunwürdige Geschäftspraktiken wie Flatrate-Sex werden verboten. Hygienische, räumliche und sicherheitstechnische Mindestanforderungen sollen die Arbeitsbedingungen in den Bordellen verbessern. Für Betreiber, Freier und Prostituierte wird eine Kondompflicht eingeführt. Verstöße werden mit Bußgeldern geahndet. Ausgenommen davon sind nur die Prostituierten selbst.

Frauen- und Familienministerin Schwesig, die gegenwärtig im Mutterschutz ist, begrüßte die Einigung. Ihre Sprecherin erklärte, erstmals werde das Prostitutionsgewerbe umfassend reguliert und etwas für den Schutz der Frauen und Männer in der Prostitution getan. Der familienpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Marcus Weinberg (CDU), erklärte, angesichts der ausufernden Zustände im Rotlichtmilieu erschwere das Gesetz Zuhältern, Menschenhändlern und Ausbeutern ihr Geschäft im Rotlichtmilieu.

Die frauenpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Ulle Schauws, kritisierte hingegen, das Gesetz ziehe lediglich einen "irrsinnigen Bürokratieüberbau" ein, ohne den Schutz der Prostituierten zu verbessern. Es müsse im Sinne der Prostituierten spätestens bei den Beratungen im Bundesrat nachgebessert werden.