epd-bild/Steffen Schellhorn
AfD-Demonstration in Halle an der Saale.
Özoguz: Petry bewegt sich «außerhalb des Grundgesetzes»
Nach den umstrittenen Äußerungen von Parteichefin Frauke Petry zum Schusswaffeneinsatz an der Grenze hält die Debatte um extremstische Tendenzen in der AfD an.

Berlin (epd)"Wer den Schusswaffengebrauch gegen Flüchtlinge an der deutschen Grenze fordert, steht außerhalb unseres Grundgesetzes und allem, was Deutschland als freies und menschliches Land ausmacht", sagte die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz (SPD), den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Dienstagsausgaben). Solche Äußerungen seien kein Einzelfall, sondern "eher die Regel in der AfD".

Inhumane Überzeugungen

Der ehemalige Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Hansjörg Geiger, hält eine zumindest teilweise Beobachtung der AfD für möglich. "Der Verfassungsschutz wird natürlich prüfen, ob eine Partei, die sich in diesem rechten Umfeld bewegt, möglicherweise die Grenze zum Rechtsextremismus überschreitet", sagte er der in Halle erscheinenden "Mitteldeutschen Zeitung" (Dienstagausgabe). "Und diese Prüfung wird wahrscheinlich schon längst vorgenommen und vorgenommen werden müssen", ergänzte Geiger. Dabei seien vor allem mögliche rassistische Äußerungen entscheidend.

Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel hatte die Beobachtung der AfD durch den Verfassungsschutz gefordert, nachdem die AfD-Vorsitzende Frauke Petry und ihre Stellvertreterin Beatrix von Storch erklärt hatten, ein illegaler Grenzübertritt von Flüchtlingen müsse notfalls auch mit der Schusswaffe verhindert werden. Die Interview-Äußerungen hatten einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Petry hat ihre Forderung inzwischen relativiert und erklärt, sie lehne einen Schusswaffen-Einsatz gegen Menschen ab, "die friedlich Einlass in das Bundesgebiet begehren".

Der ehemalige Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) ist der Meinung, dass Talkshows demokratischer Politiker mit Vertretern der AfD inzwischen nicht mehr in Betracht kommen. "Mit den Bürgern, auch mit möglichen Wählern der AfD sollte man reden über ihre Ängste und Besorgnisse, auch über ihre Enttäuschungen und ihre Wut", sagte er der "Berliner Zeitung" (Dienstagsausgabe). "Aber nicht mit Frau Petry und Frau von Storch - nach diesen Äußerungen nicht mehr." Denn nun werde offensichtlich, dass AfD-Funktionäre jede Bühne nutzten, um inhumane Überzeugungen zu verkünden.

Schaden für AfD

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) rief unterdessen zu einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit der AfD auf. Zwar vertrete die AfD "stark rechtspopulistische Meinungen, die teilweise den Werten unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung zuwider laufen", sagte der CDU-Politiker den Zeitungen der Essener Funke Mediengruppe. "Eine platte Dämonisierung ihrer Anhänger" sei aber wenig einfallsreich. "Wir müssen zu Kenntnis nehmen, dass die AfD Sorgen weiter Teile der Bevölkerung thematisiert."

Nach einer Umfrage hat die AfD in der Wählergunst verloren. Wenn am Sonntag Bundestagswahlen wären, würden 12,5 Prozent der Wähler für die rechtskonservative Partei stimmen, ergab laut "Bild"-Zeitung der "Meinungstrend" des Erfurter Insa-Institutes. Das seien 0,5 Prozentpunkte weniger als in der Vorwoche und der erste Rückgang seit Mitte Dezember. Insa-Chef Hermann Binkert sagte der Zeitung: "Die aktuelle Debatte schadet der AfD."