Die unendliche Elefanten-im-Porzellanladen-Runde
Nach tagelangen Debatten steht fest: Die Elefantenrunde vor den Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz findet statt. Auch Oppositionschefin Julia Klöckner wird kommen. AfD-Anhänger dürften sich in ihren Vorurteilen über die Medien dennoch bestätigt sehen.
28.01.2016
epd
Karsten Packeiser (epd)

Mainz, Stuttgart (epd)Querelen über die Zusammensetzung von politischen TV-Diskussionen in der Vorwahlzeit sind nicht ungewöhnlich in Deutschland. Aber dass es dieses Mal so arg kommen würde, hat alle Beteiligten wohl doch ziemlich kalt überrascht: In Rheinland-Pfalz verdrängte das Gezanke um die einstündige Elefantenrunde drei Tage vor den Landtagswahlen am 13. März tagelang alle anderen landespolitischen Themen. Nach einer Kette von Einladungen, Boykottdrohungen, Ausladungen, Absagen und neuen Zusagen steht immerhin fest, dass die Sendung trotz allem noch stattfindet - mit CDU-Spitzenkandatin Julia Klöckner und SPD-Landesinnenminister Roger Lewentz.

Konzept geändert

Bereits im Dezember hatte sich Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) festgelegt, dass sie gemeinsame Fernsehauftritte mit der AfD boykottieren werde: "Ich gehe in keine Sendung, in der die AfD mit am Tisch sitzt." Dass diese Ankündigung nicht nur für den allabendlichen Ringelreihen der gewöhnlichen Talkshow-Formate gelten würde, sondern auch für die traditionelle Vorwahldiskussion, machte es nun besonders heikel. Denn die sogenannten Elefantenrunden im Fernsehen sind protokollarisch ähnlich kompliziert zu organisieren wie ein Staatsbesuch und werden gewöhnlich bis ins kleinste Detail vorbereitet. Zuweilen muss sogar intensiv diskutiert werden, wem die erste Frage gestellt wird.

Als der Sender auf Dreyers Boykottdrohung hin in der vergangenen Woche sein Konzept änderte und die AfD, Linke und FDP kurzerhand von der Runde wieder auslud, sah die Mainzer Regierungschefin sich dem Vorwurf ausgesetzt, ihren Einfluss auf den öffentlich-rechtlichen Sender auszunutzen. Völlig vertrackt wurde die Situation, als CDU-Spitzenkandidatin Julia Klöckner kurz darauf bekanntgab, sie werde nicht an einer Runde teilnehmen, über deren Zusammensetzung die Mainzer Staatskanzlei entschieden habe.

Im politischen Mainz kursieren widersprüchliche Versionen darüber, wer wann mit wem Absprachen über die Ausgestaltung der Elefantenrunde getroffen hat. Auch der SWR rückte damit ins Zentrum der Kritik. Die Sender-Spitze bemühte sich nach Kräften um den Nachweis, dass sie noch Herr des Verfahrens im eigenen Haus ist. SWR-Intendant Peter Bougoust richtete einen letztlich erfolgreichen Appell an alle, die ursprüngliche Sechs-Parteien-Lösung zu akzeptieren. Dreyer gab gemeinsam mit ihrem Innenminister Roger Lewentz (SPD) bekannt, dieser werde die Ministerpräsidentin in der Runde vertreten.

Auch Julia Klöckner erklärte schließlich am Donnerstag ihren Rücktritt vom Elefantenrunden-Rücktritt - und schob gleich bissig nach, im Falle eines Wahlsieges werde sie beim SWR "die Staatsferne wiederbeleben". Während die rheinland-pfälzische Landes-CDU die Vorgänge beim SWR zum Skandal erhob, blieben andererseits die baden-württembergischen Christdemokraten völlig gelassen. Dabei hatte der SWR auch dort wegen einer Boykottankündigung von Grünen-Ministerpräsident Winfried Kretschmann die derzeit noch außerparlamentarische AfD und die Linken wieder ausgeladen, nicht jedoch die im Landtag vertretene FDP.

Zunehmend spöttische Einwürfe

Selbst innerhalb der rheinland-pfälzischen SPD sind bei weitem nicht alle Parteigenossen glücklich über Dreyers Haltung, spätestens, seit als Folge des Gerangels aus dem ganzen Bundesgebiet über Tage negative Schlagzeilen auf die Sozialdemokraten herabprasselten. Neben substanzieller Kritik am politischen Einfluss auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk gab es zunehmend spöttische Einwürfe. Der frühere ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender sprach von einem kostenlosen Dauerwerbespot für die AfD. Und der Mainzer FDP-Mann Tobias Huch twitterte: "Der SWR sollte jetzt konsequent sein und die 'Elefantenrunde' in 'Elefanten im Porzellanladen-Runde' umtaufen."

Während der Streit um die Vorwahldiskussion in Rheinland-Pfalz seit Donnerstag offenbar geklärt ist, könnte er in Baden-Württemberg noch in eine weitere Runde gehen. Der dortige, nach wie vor von der Sendung ausgeschlossene AfD will rechtliche Schritte gegen den SWR nach wie vor nicht ausschließen.