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Flüchtlinge in München im September 2015.
Obergrenze: Bayern will Verfassungsklage vorbereiten
Die Forderung nach einer Asyl-Obergrenze will Bayern notfalls vor Gericht einklagen. In einem Brief an die Kanzlerin fordert die Staatsregierung ein Limit bei 200.000 Flüchtlingen. Sie SPD sieht darin eine «Ankündigung des Koalitionsbruchs».

München (epd)Bayern erhöht in der Flüchtlingsdebatte den Druck auf die Bundesregierung. In einem offiziellen Brief, der am Dienstag in der Kabinettssitzung in München beschlossen wurde, fordert die Staatsregierung eine wirksame Grenzsicherung, um die Flüchtlingszahlen zu reduzieren. Der Bund müsse sofort handeln, ansonsten behalte man sich ausdrücklich den Gang vors Bundesverfassungsgericht vor, sagte Justizminister Winfried Bausback (CSU) am Dienstag nach der Ministerratssitzung. Die SPD reagierte empört und warnt wegen der "Querschläge" vor einer Verschärfung der Flüchtlingskrise - und des Klimas in der Koalition.

Sonderkonferenz in Berlin

Wie lange Bayern der Bundesregierung Zeit geben will, sagte Bausback nicht. Im Brief sei von "unverzüglich" die Rede, sagte Innenminister Joachim Herrmann (CSU). Der Bund verstoße mit der unkontrollierte Flüchtlingszuwanderung gegen das Grundgesetz. Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) sagte nach der Kabinettssitzung, dass der Brief schon Richtung Berlin unterwegs sei.

In dem Schreiben an die Adresse von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) fordert die bayerische Staatsregierung unter anderem, nicht mehr als 200.000 Flüchtlinge pro Jahr aufzunehmen, wie Innenminister Herrmann erläuterte. In den ersten Januarwochen seien bereits 50.000 Flüchtlinge angekommen. Außerdem müssten die EU-Außengrenzen gesichert sowie für eine europaweite Verteilung der Flüchtlinge gesorgt werden. Daneben müssten auch die deutschen Grenzen gesichert und Flüchtlinge, die über sicheren Drittstaaten reisen, abgewiesen werden.

Damit verschärft Bayern unmittelbar vor einem Treffen zwischen Bund und Ländern den Ton gegenüber der Kanzlerin. Am Donnerstag treffen sich die Ministerpräsidenten zu einer Sonderkonferenz in Berlin. Auch ein Treffen mit Regierungschefin Merkel ist geplant. Vorrangiges Thema ist die Asylpolitik.

Auch aus anderen Ländern kamen dazu bereits am Dienstag Forderungen. Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger (SPD) drang auf eine schnellere Bearbeitung von Asylanträgen, für die das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zuständig ist. Jäger rechnet auch 2016 mit einem hohen Andrang von Flüchtlingen. "Ich kann keine Trendwende erkennen", sagte er in Düsseldorf. Seit Jahresbeginn hätten bereits 30.000 Flüchtlinge sein Bundesland erreicht.

Gute Chancen mit Verfassungsklage

Der scharfe Ton aus Bayern empörte indes den Koalitionspartner in Berlin. Der Protestbrief kündige den Bruch der schwarz-roten Koalition im Bund an, sagte der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann. Es sei unerträglich, "dass aus CDU und CSU mittlerweile täglich neue Querschläge kommen". "Damit wird die Lösung der Flüchtlingskrise immer schwieriger", sagte der SPD-Politiker.

Auch der Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion in Bayern, Markus Rinderspacher, warnte vor einem Bruch der Koalition: "Sollte die CSU eine Klage gegen die Bundesregierung einreichen, der sie selbst angehört, ist dies unweigerlich mit einem Austritt aus der Regierung verbunden." Die Grünen im bayerischen Landtag reagierten mit Spott: "Wenn Herr Seehofer eine Brieffreundin sucht, sollte er sich an die International Pen Friends wenden", sagte Fraktionsvorsitzende Margarete Bause.

Bereits im vergangenen Oktober hatte Seehofer dem Bund mit einer Verfassungsklage gedroht, sollte die Flüchtlingszuwanderung nicht beschränkt werden. Im Januar hatte der frühere Bundesverfassungsrichter Udo Di Fabio der Staatsregierung in einem Gutachten bescheinigt, gute Chancen mit einer Verfassungsklage zu haben.