Berlin, Düsseldorf (epd)Es sei zwar richtig, die Abläufe bei der Behandlung kranker Flüchtlinge zu beschleunigen und die Verfahren zu vereinfachen, sagte der Sprecher des Deutschen Landkreistages, Markus Mempel, am Montag dem Evangelischen Pressedienst (epd). Er warnte jedoch davor, "dass der Leistungsumfang für Asylbewerber ausgeweitet wird und neue Kosten entstehen". Während in Nordrhein-Westfalen die Gesundheitskarte bei vielen Kommunen noch umstritten ist, hat Schleswig-Holstein am Montag den landesweiten Versand der Karten gestartet.
Keine neuen Belastungen
Mempel verwies darauf, dass über die Rahmenbedingungen für die Einführung der Gesundheitskarte derzeit zwischen Krankenkassen und kommunalen Spitzenverbänden auf Landesebene und auf Bundesebene verhandelt werde. "Die Gespräche auf Bundesebene gestalten sich mühsam. Für Ende Januar und Februar sind weitere Verhandlungstermine angesetzt", sagte der Sprecher. Es werde sich zeigen, ob eine Verständigung gelinge. Für den Landkreistag sei klar, dass keine neuen Belastungen auf die Kommunen zukommen dürften: "Schließlich müssen sie weiterhin die Krankenbehandlung bezahlen."
Der Sprecher des Landkreistages warf den Ärztevertretern vor, die Flüchtlingsversorgung nicht in das ärztliche Vergütungssystem einbeziehen zu wollen. Die Ärzte wollten höhere Vergütungen durchsetzen, wie es sie bereits bei der Versorgung von Privatpatienten gebe. "Das würde zu neuen Ungleichheiten führen, die wir nicht unterstützen können", sagte Mempel.
Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, sagte der "Rheinischen Post", die Kommunen in NRW könnten bei Einführung der Karte in der bisher vorgesehenen Form die Kosten der ärztlichen Behandlung von Flüchtlingen nicht mehr kontrollieren. Die Städte bemängelten zudem hohe Verwaltungsgebühren der Krankenkassen.
Flüchtlinge haben in Deutschland nur Anspruch auf Behandlung akuter Krankheiten. Die durch das Asylpaket ermöglichte Gesundheitskarte soll ihnen erlauben, ohne einen Behandlungsschein der Kommune zum Arzt zu gehen. Das bedeute für die Städte weniger Personaleinsatz und weniger Bürokratieaufwand, argumentiert die nordrhein-westfälische Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne).
Das sieht auch die AOK so und fordert die Karte für alle Flüchtlinge in Deutschland. Das habe für alle "nur Vorteile", für die Betroffenen, die Behörden und die Ärzte, sagte der neue Chef des AOK-Bundesverbands, Martin Litsch, dem "Tagesspiegel" (Montagsausgabe). Zudem sei das Verfahren kostengünstiger.
Entscheidung liegt bei Kommune
Angeboten wird die Gesundheitskarte außer in NRW bisher nur in Berlin, Hamburg, Bremen und Schleswig-Holstein. Geplant ist die Einführung in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Thüringen. Die übrigen Länder haben sich noch nicht entschieden, warten noch ab oder lehnen die Gesundheitskarte für Flüchtlinge derzeit ab.
In Schleswig-Holstein wurden am Montag die ersten elektronischen Gesundheitskarten an Flüchtlinge übergeben. Gesundheitsministerin Kristin Alheit (SPD) und der AOK-Vorstandsvorsitzende Tom Ackermann überreichten die Karten an eine syrische Familie, wie die AOK mitteilte. In diesen Tagen versenden die gesetzlichen Krankenkassen im nördlichsten Bundesland mehrere tausend elektronische Gesundheitskarten an Asylbewerber.
In Rheinland-Pfalz hofft Gesundheitsministerin Bätzing-Lichtenthäler (SPD) darauf, dass möglichst viele Städte die Karte einführen. Eine Rahmenvereinbarung zwischen Land und Krankenkassen soll in Kürze unterzeichnet werden. Die Ministerin betonte: "Jede Kommune entscheidet selbst, ob sie der Rahmenvereinbarung beitreten möchte oder nicht."