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Gefangenenlager Camp Delta der US-Marinebasis Guantanamo Bay auf Kuba.
Guantánamo: Die Uhr tickt für Obama

In Guantánamo ist die Zahl der Gefangenen auf unter 100 gefallen - ein Meilenstein für das US-Lager auf Kuba. US-Präsident Obama hat noch ein Jahr Zeit, es komplett zu schließen.
22.01.2016
epd
Konrad Ege (epd)

Washington (epd)Vor sieben Jahren ordnete ein junger Präsident in Washington zwei Tage nach seiner Amtseinführung an, die international angeprangerte US-Haftanstalt Guantánamo auf Kuba zügig zu schließen. 242 Männer waren damals in Haft. Inzwischen sind es noch 93, nachdem die US-Regierung in der vergangenen Woche zehn jemenitische Häftlinge freigelassen und nach Oman transferiert hat. Ein Jahr hat Barack Obama nun noch Zeit für die Schließung - dann fährt sein Umzugswagen vor dem Weißen Haus vor.

Opposition stellt sich quer

Bei seiner Rede zur Lage der Nation am 13. Januar betonte Obama erneut, Guantánamo sei "teuer, unnötig, und es dient unseren Feinden als Rekrutierungsbroschüre". Stabschef Denis McDonough sagte kürzlich im TV-Sender Fox, Obama fühle sich seinem Nachfolger gegenüber verpflichtet, die Sache zu Ende zu bringen. Der Präsident werde dem Kongress einen genauen Plan vorlegen.

Doch Politiker der Opposition stellen sich quer. Manche Entlassene hätten den Kampf gegen die USA wieder aufgenommen, bringen sie vor. Bei Obamas Demokraten gibt es ebenfalls abweichende Ansichten. Der frühere Verteidigungsminister Chuck Hagel nahm im November 2014 auch wegen Guantánamo den Hut. Im Politikmagazin "Foreign Policy" erklärte Hagel vergangenen Monat, er habe sich dem Druck des Weißen Hauses widersetzt, Entlassungen rasch zu genehmigen.

Menschenrechtler sind besorgt. Es bestehe die Gefahr, dass Guantánamo "permanentes Offshore-Gefängnis in einem endlosen globalen Krieg" wird, warnte die Direktorin des Programms für Sicherheit und Menschenrechte bei Amnesty International USA, Naureen Shah. Das Lager sei eine "moralische Desasterzone", urteilte Ron Stief, der Direktor der Religiösen Kampagne gegen Folter, einem Zusammenschluss von rund 300 religiösen Gemeinschaften.

Am 22. Januar 2009 sagte Obama beim Unterzeichnen der Exekutivanordnung zur Schließung, er wolle die rechtsstaatlichen Werte wiederherstellen, die "unser Land stark gemacht haben". In einer weiteren Anordnung verbot Obama das Foltern. Mehr Symbolik für einen Neuanfang nach acht Jahren Regierung unter George W. Bush war damals kaum vorstellbar.

Bush hatte das Gefangenenlager für Terrorverdächtige und feindliche "Kombattanten" im Januar 2002 im US-Marinestützpunkt Guantánamo Bay auf Kuba einrichten lassen, drei Monate nach Beginn des Krieges in Afghanistan. Die Schlimmsten der Schlimmem kämen dorthin, hieß es. Insgesamt 779 Männer wurden im Lager inhaftiert. Entlassene berichteten von schweren Misshandlungen. Der Saudiaraber Shaker Aamer, der in Großbritannien lebt, kam Ende 2015 nach 13 Jahren frei. Er sprach von Guantánamo als "dunklem Loch".

Das mit den "Schlimmsten" hat sich nicht bewahrheitet. Die meisten Häftlinge sind inzwischen frei. Unter den zehn in der vergangenen Woche Freigelassenen ist der Jemenit Fahed Ghazi. Er wurde im Juni 2002 im Alter von 20 Jahren als islamischer Extremist in dem Lager eingeliefert unter dem Verdacht, er sei Personenschützer von Al-Kaida-Gründer Osama Bin Laden. Das bestätigte sich jedoch nicht. Bereits 2010 befand die offizielle US-Überprüfungskommission für die Häftlinge, Ghazi könne entlassen werden.

Zu gefährlich für Entlassung

Von 34 der verbliebenen 93 Häftlinge geht laut US-Außenministerium keine Gefahr aus. Sie kämen frei, wenn Aufnahmeländer gefunden würden. Im Kern der Auseinandersetzung geht es um die Frage, was mit den Gefangenen geschieht, die als zu gefährlich für eine Entlassung gelten. Einer dieser Häftlinge ist Chalid Scheich Mohammed, der mutmaßliche Architekt der Terroranschläge vom 11. September 2001. Obamas Pressesprecher Josh Earnest sagte, die USA hätten die erforderlichen Beweismittel für Anklagen gegen zehn Personen. Der Status der 49 weiteren Häftlinge könne periodisch geprüft werden.

Für eine Inhaftierung in den USA zieht die Regierung anscheinend ein Hochsicherheitsgefängnis im Bundesstaat Colorado und Militärgefängnisse in South Carolina und Kansas in Erwägung. Örtliche Politiker sind dagegen, und der republikanisch dominierte Kongress beschloss Ende 2015 ein Gesetz zum Verbot eines Transfers der Guantánamo-Häftlinge in die USA. Angesichts der ablaufenden Zeit für Obama wird nun in den Medien spekuliert, der Präsident setze notfalls auf einen Alleingang, sollte kein Kompromiss zustande kommen. Als Oberkommandierender der Streitkräfte sei er schließlich befugt, Militärstützpunkte zu schließen.