Berlin (epd)Angesichts mangelnden Wohnraums für Flüchtlinge will Bundesbauministerin Barbara Hendricks (SPD) die Mittel für den sozialen Wohnungsbau nochmals verdoppeln. Sie strebe eine Summe von zwei Milliarden Euro jährlich bis 2020 an, sagte Hendricks am Mittwoch in Berlin. Sie präsentierte dem Kabinett ihre Pläne zur Beschleunigung des Wohnungsbaus. Dabei brachte sie sogar eine Grundgesetzänderung ins Gespräch und befürwortete eine Wohnsitzpflicht für anerkannte Flüchtlinge, um besser planen zu können.
Die Ministerin beklagte, der Anteil der Sozialwohnungen sei in den vergangenen Jahren beständig zurückgegangen. Der Bund hatte die Mittel für den sozialen Wohnungsbau im Zuge des Flüchtlingsandrangs bereits verdoppelt. Seit diesem Jahr erhalten die Bundesländer eine Milliarde Euro jährlich. Das reiche nicht aus, sagte Hendricks. Eine nochmalige Verdoppelung würde den Bund bis 2020 fünf Milliarden Euro kosten.
350.000 Wohnungen pro Jahr zusätzlich benötigt
Hendricks sagte, man müsse auch über eigene Kompetenzen des Bundes im Wohnungsbau nachdenken. Dazu wäre aber eine Grundgesetz-Änderung notwendig, weil dies allein in den Verantwortungsbereich der Länder fällt. "Hilfreich wäre es", sagte Hendricks.
Nach ihren Angaben werden jährlich 350.000 Wohnungen zusätzlich benötigt. Dabei gehe es nicht nur um Flüchtlinge, sondern auch um die einheimische Bevölkerung. Konkurrenzen auf dem Wohnungsmarkt sollten vermieden werden.
Um den Wohnungsbau zu beschleunigen, plant die Koalition auch Steueranreize. Bis zu 35 Prozent der Baukosten sollen künftig steuerlich abgeschrieben werden können. Eine entsprechende, mit Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) bereits abgestimmte Regelung, soll das Bundeskabinett Hendricks zufolge bald beschließen.
Die Ministerin wünscht sich zudem mehr "Fantasie" bei der Unterbringung von Flüchtlingen und verwies auf Systembauweisen. Solche Bausysteme könnten vorübergehend für Flüchtlinge genutzt, später aber auch Studenten zur Verfügung gestellt werden, sagte sie. Auf ihren Wunsch hin wird es auf der Baufachmesse "bautec" im Februar in Berlin eine Sonderschau zu Fertighauslösungen geben. Hendricks plant zudem eine parallele Fachveranstaltung in ihrem Ministerium und eine Bürgermeisterkonferenz im März.
Hendricks für "Wohnortzuweisungsgesetz"
Als "fachlich richtig" bezeichnete Hendricks Überlegungen in der Bundesregierung für eine erweiterte Residenzpflicht, die anders als bislang auch anerkannten Flüchtlingen den Wohnsitz vorschreibt. Man brauche ein "Wohnortzuweisungsgesetz", sagte Hendricks. Dabei sollen Flüchtlinge nach dem bewährten Schlüssel auf die Bundesländer verteilt werden.
Die Regelung solle nicht dazu dienen, Flüchtlinge vor allem in Länder zu schicken, wo es besonders viel Leerstand gebe, sagte Hendricks. Sie forderte zugleich eine zeitliche Befristung solch einer Regelung - "zum Beispiel auf drei Jahre" - und die automatische Aufhebung, wenn andernorts ein Arbeits- oder Studienplatz zur Verfügung steht.
Die Linke warf Hendricks vor, bei der Wohnungsbauförderung falsche Prioritäten zu setzen. "Statt dem Flirt mit privaten Immobilieninvestoren in Form steuerlicher Anreize müssen die Milliardenüberschüsse im Bundeshaushalt für öffentlichen kommunalen Wohnungsbau verwendet werden", forderte Parteichef Bernd Riexinger.