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Fremdenfeindliche "Pegida"-Bewegung demonstriert in Köln.
Wissenschaftler Vorländer: Die Mitte der Gesellschaft ist für «Pegida» anfällig

Der Dresdner Politikwissenschaftler Hans Vorländer sieht in der Partei AfD den «parlamentarischen Arm» der fremdenfeindlichen «Pegida»-Bewegung.
20.01.2016
epd
Katharina Rögner (epd-Gespräch)

Dresden (epd)"Zwischen AfD und 'Pegida' Dresden gibt es keine unmittelbare Allianz", sagte Vorländer dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Dresden. Aber bei kommenden Wahlen werde "Pegida" der AfD "mehr Stimmen sichern", die sich aus der fremdenfeindlichen Bewegung rekrutieren.

Allgemeine Unzufriedenheit

Vorländer hat zusammen mit Maik Herold und Steven Schäller eine wissenschaftliche Studie zur "Pegida"-Bewegung erarbeitet. Das Buch mit dem Titel "Pegida. Entwicklung, Zusammensetzung und Deutung einer Empörungsbewegung" sollte am Mittwoch in Dresden vorgestellt werden.

Die fremdenfeindliche Bewegung sei ein "Ausdruck allgemeiner Unzufriedenheit mit der Politik und im Speziellen mit der Flüchtlingspolitik", sagte Vorländer. Für die Parolen der selbsternannten "Retter des Abendlandes" sei eben nicht nur der Rand, sondern "die Mitte der Gesellschaft anfällig". "Die Mitte muss gehalten werden", mahnte Vorländer.

Dass Hass-Reden etwa gegen Politiker, Flüchtlinge und Journalisten von den Demonstrationsteilnehmern akzeptiert werden, bezeichnete Vorländer als ein "Phänomen, das nicht wirklich nachzuvollziehen ist". Er erklärt es mit einer Unterscheidung zwischen Rednern und Teilnehmern. In der Tat werde eine radikale Rhetorik gepflegt, die aber von den Teilnehmern nur zum Teil geteilt werde, sagte Vorländer.

Auch würden Reden von einigen Demonstranten akustisch gar nicht wahrgenommen, sie hörten den Protagonisten gar nicht zu. Dagegen pflegten sie mit den regelmäßigen Kundgebungen "eine Form ritueller Gemeinschaftsförderung". Das "wöchentliche montägliche Ritual" sei ihnen wichtig, zum Teil unterhielten sich Teilnehmer vor allem untereinander.

Keine konstruktiven Angebote

"Pegida" sei geprägt von "einer gänzlichen Anti-Haltung", mache jedoch selbst keine konstruktiven Angebote, sagte der Politikwissenschaftler. Die fremdenfeindliche Bewegung hätte geschätzt zwischen 3.000 bis 4.000 Anhänger weniger, wenn es die Flüchtlingskrise nicht gebe, ist Vorländer überzeugt. Letztere habe jedoch der Bewegung im Herbst 2015 "neues Leben eingehaucht". Derzeit "sieht es nicht so aus, dass Pegida verschwindet", so der Wissenschaftler.

Die Berichterstattung der Medien bezeichnete Vorländer nach anfänglicher "undifferenzierter und überproportionaler Aufmerksamkeit" für "Pegida" als derzeit "sehr viel differenzierter". Auch in ihren Beiträgen über Flüchtlinge und Integration berichteten Journalisten "offener, transparenter und ehrlicher". Das sei "eine gute Form, die Sorgen der Bürger ernst zu nehmen". Die Gefahr, dass Rechtsextremisten Themen für ihre Zwecke instrumentalisieren, bestehe indes immer.