Mehr Bürger beantragen kleinen Waffenschein
Nicht nur in Köln, auch andernorts scheinen die Menschen nach den Attacken auf Frauen in der Silvesternacht verunsichert. Sie stellen vermehrt Anträge, um Schreckschuss-, Reiz- und Signalwaffen führen zu dürfen.

Frankfurt a.M. (epd)Nach den Übergriffen auf Frauen in der Silvesternacht in Köln registrieren mehrere deutsche Städte ein erhöhtes Interesse an kleinen Waffenscheinen. In Düsseldorf, Frankfurt am Main, Karlsruhe, Köln und Stuttgart stieg die Zahl der Anträge seit dem Jahreswechsel teils deutlich. Unterdessen warnte Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) davor, sogenannte Bürgerwehren zu gründen oder sich diesen Gruppen anzuschließen.

Mehr als im gesamten Januar 2015

In Köln gingen seit den Attacken zu Silvester 304 Anträge auf einen kleinen Waffenschein ein, wie das Polizeipräsidium mitteilte. Im Jahr 2015 wurden insgesamt 408 kleine Waffenscheine ausgestellt. Der kleine Waffenschein wird für das Führen von Schreckschuss-, Reiz- und Signalwaffen benötigt. Reizstoffsprühgeräte, die amtlich zugelassen und über eine begrenzte Reichweite und Sprühdauer verfügen, sowie Pfefferspray fielen nicht unter das Waffengesetz, erklärte die Kölner Polizei.

Der Sprecher des Frankfurter Ordnungsamtes, Ralph Rohr, sagt am Donnerstag dem Evangelischen Pressedienst (epd): "Wir nehmen seit Beginn des Jahres täglich etwa 13 Anträge entgegen." Im vergangenen Jahr habe es pro Tag ein bis zwei Anträge gegeben. In Offenbach sei die Zahl der Anträge indes nicht gestiegen, teilte der Leiter des dortigen Ordnungsamtes, Peter Weigand, mit.

Die Düsseldorfer Polizei verzeichne zwischen acht und zehn Anträgen pro Tag, sagte ein Sprecher. Im vergangenen Jahr habe es insgesamt 1.500 Anträge gegeben. Eine Sprecherin der Stadt Stuttgart sagte, seit Jahresbeginn seien 50 Anträge eingegangen. Das sei schon jetzt mehr als im gesamten Januar 2015. Die Stadt Karlsruhe hat seit der Silvesternacht acht kleine Waffenscheine ausgestellt, etwa 30 weitere Anträge würden derzeit noch bearbeitet, sagte eine Sprecherin. Im ganzen Jahr 2015 wurden insgesamt 145 solche Dokumente ausgestellt.

Selbst ernannte Hobby-Sheriffs

Vor dem Kölner Hauptbahnhof hatten nach dem bisherigen Stand der Ermittlungen in der Silvesternacht mehrere hundert, meist alkoholisierte Männer Frauen drangsaliert, sexuell bedrängt und bestohlen. Unter den Verdächtigen sind zahlreiche Ausländer. Auch in anderen deutschen Städten gab es Strafanzeigen mit ähnlichem Hintergrund.

Justizminister Maas sagte der "Saarbrücker Zeitung" (Freitagsausgabe) mit Blick auf die Gründung von Bürgerwehren: "Selbstjustiz werden wir nicht akzeptieren." Niemand dürfe das staatliche Gewaltmonopol infrage stellen. "Es ist nicht die Aufgabe von Bürgerwehren oder anderen selbst ernannten Hobby-Sheriffs, Polizei zu spielen", sagte Maas.

Der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Klaus Bouillon (CDU), äußerte am Donnerstag im Radiosender SWR info zwar Verständnis für die Verunsicherung einzelner Bürger, warnte aber ebenfalls vor dem Zusammenschluss in Bürgerwehren. Der Staat habe eine Polizei, die bestens ausgerüstet sei.