epd-bild / Steffen Schellhorn
Polizisten auf einem Markt.
NRW will nach Übergriffen in Köln mehr Polizisten einstellen
Auf die Silvesterübergriffe in Köln will die NRW-Landesregierung mit mehr Polizei reagieren. Der Opposition im Landtag reicht das nicht. Sie macht Innenminister Jäger für Fehler der Polizei verantwortlich und fordert seinen Rücktritt.

Düsseldorf (epd)Mit einer erhöhten Polizeipräsenz und beschleunigten Strafverfahren will Nordrhein-Westfalen nach den Übergriffen von Köln für mehr Sicherheit sorgen. Der Rechtsstaat müsse "Stärke zeigen, wo das notwendig ist", sagte Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) am Donnerstag bei einer Sondersitzung des Landtages in Düsseldorf. "Das Gewaltmonopol des Staates muss durchgesetzt werden." Um das zu erreichen, soll die Zahl der Polizisten im Land um 500 erhöht werden. Die Opposition forderte dagegen die Entlassung oder den Rücktritt von Innenminister Ralf Jäger (SPD) und eine lückenlose Aufklärung der Ereignisse der Silvesternacht. Jäger wies die Vorwürfe zurück.

Falsch angelegte Einsatzplanung

Um die Polizeipräsenz auf den Straßen zu erhöhen, sollen vor der Pensionierung stehende Beamte die Möglichkeit haben, noch weiter zu arbeiten, betonte Kraft. Zudem sollten die Polizisten noch stärker von Verwaltungsarbeiten entlastet werden. Überdies sollten "zentrale Anlaufstellen" im Bereich der Justiz geschaffen werden, um Straftaten schneller aufzuklären. Auch die Möglichkeit der "beschleunigten Strafverfahren" bei überführten Tätern solle intensiver genutzt werden.

Zugleich entschuldigte sich die Ministerpräsidentin für die Vorfälle. Es tue ihr "unendlich leid", dass es in der Silvesternacht zu solchen Übergriffen auf Frauen gekommen sei, erklärte sie. Grund dafür sei, dass die Einsatzplanung für die Nacht "falsch angelegt" worden sei. Die Polizisten vor Ort seien mit der Situation überfordert gewesen. Es habe eine "operative Fehleinschätzung" durch die Polizeileitung gegeben. Der Innenminister habe deshalb "Konsequenzen gezogen" und den Kölner Polizeipräsidenten Wolfgang Albers in den Ruhestand versetzt.

Der CDU-Fraktionsvorsitzende Armin Laschet forderte die Entlassung von Innenminister Jäger. Der Minister trage die "politische Verantwortung" für die Vorfälle und die fehlerhafte Informationspolitik zu Anfang des Jahres. Es gehe nicht, die Verantwortung für solche Fehler auf die Polizeipräsidenten oder Mitarbeiter des Ministeriums abzuwälzen. Sollte Ministerpräsidentin Kraft es mit der angekündigten "Kursänderung" in der Innenpolitik wirklich ernst meinen, sei dies nur mit einem neuen Innenminister möglich.

Auch FDP-Fraktionschef Christian Lindner sprach sich für einen solchen Schritt aus. Eine "Strukturreform der Polizei" sei dringend geboten und nur mit einem neuen Innenminister möglich. "Ihnen ist die öffentliche Sicherheit in Nordrhein-Westfalen bereits weitgehend entglitten", sagte Lindner in Richtung Jäger. Sollte der Innenminister nicht aus seinem Amt scheiden, bleibe die "Wunde der Silvesternacht sichtbar". Der Rechtsstaat müsse in seinem "Kernbereich" gestärkt werden.

Überforderte Polizeiführung

Beide Oppositionsvertreter kritisierten, dass die Landesregierung zu spät und nicht ausreichend über die Ereignisse von Köln informiert habe. Zudem müsse weiter geklärt werden, warum der Polizei in Köln die notwendige Personalverstärkung nicht erhalten hatte. Das Vertrauen der Bevölkerung in die Sicherheitsbehörden müsse wiederhergestellt werden, forderte Laschet.

Innenminister Jäger bezeichnete die Vorwürfe der Opposition als "Zerrbild". Die jährliche Zahl der neu eingestellten Polizeianwärter sei seit 2010 von 1.100 auf derzeit 1.920 gestiegen. Man dulde im Land keine "rechtsfreien Räume". Die Entwicklung der Straftaten in Bereichen wie Gewaltkriminalität oder Sexualdelikten gehe seit zehn Jahren zurück. Fakt sei aber auch, dass die Polizeiführung in Köln mit den Ereignissen der Silvesternacht überfordert gewesen sei.

Gleichwohl habe die Polizei die Möglichkeit gehabt, rechtzeitig Verstärkung anzufordern, dies aber unterlassen. Man werde die Ereignisse aufklären und transparent machen, erklärte der Minister. Eine Vorgabe, die Nationalität der mutmaßlichen Straftäter zu verschweigen, habe es nicht gegeben.

In Köln hatten in der Silvesternacht Gruppen junger Männer vor dem Hauptbahnhof Frauen sexuell bedrängt und bestohlen. Der Polizei war es nicht gelungen, die Übergriffe zu verhindern, die aus einer Menge von zeitweise mehr als tausend Menschen heraus begangen wurden. Inzwischen liegen über 500 Strafanzeigen vor. Bei den Tatverdächtigen soll es sich vor allem um junge Männer aus dem nordafrikanischen Raum handeln, darunter auch Asylbewerber.