epd-bild/Annette Zoepf
Flüchtlinge bekommen Essen in der provisorischen Erstaufnahmeeinrichtung in Augsburg.
Bundesregierung will Führungszeugnis für Arbeit in Flüchtlingsunterkünften
Personal in Flüchtlingsunterkünften soll künftig vor der Beschäftigung ein Führungszeugnis vorlegen.

Berlin (epd)Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) sagte am Donnerstag in Berlin, sie habe sich mit Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) darauf verständigt, eine entsprechende Regelung in das derzeit diskutierte Asylpaket aufzunehmen. Die Verpflichtung soll für alle Haupt- und Ehrenamtlichen gelten, die in Asyl-Unterkünften Kontakt mit Frauen und Kindern haben.

Zeugnis längst verpflichtend

Schwesig sagte, in vielen anderen Institutionen, beispielsweise Sportvereinen, sei das Zeugnis längst verpflichtend. Es sei eine "wirklich wirksame Schutzmaßnahme", auch wenn es zunächst bürokratisch klinge. Im vergangenen Jahr war es in Asylbewerber-Heimen unter anderem zu Übergriffen von Wachleuten auf Flüchtlinge gekommen. Die Kinderhilfsorganisation Unicef beklagte im vergangenen Jahr, dass es in Deutschland Vergewaltigungen, sexuelle Übergriffe sowie Gewalt gegen Kinder auch durch Personal und Helfer in deutschen Asylunterkünften gegeben habe.

Schwesig und die Flüchtlingsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz (SPD), hatten für Donnerstag Vertreter aus Politik, Verwaltung und Praxis zu einer Tagung in Berlin eingeladen, bei der es um den Schutz von Frauen in Flüchtlingsunterkünften geht. Ein Drittel der Asylsuchenden seien Frauen, sagte Özoguz. Für sie müsse es besondere Schutzräume geben. Zudem müsse dafür gesorgt werden, dass Frauen über Hilfen informiert werden und erfahren, dass ihnen selbst nicht geschadet werde, wenn sie Hilfen in Anspruch nehmen.

"Frauen wissen nichts über Hilfesysteme. Sie suchen in Deutschland zunächst einmal Schutz und Ruhe", sagte die Direktorin des Deutschen Instituts für Menschenrechte, Beate Rudolf. Sie forderte besondere Schutzräume für Frauen in Unterkünften. Zudem drängt sie auf eine Umsetzung der EU-Aufnahmerichtlinie, die den besonderen Schutz von Frauen und Kindern verlangt. Dies sei längst überfällig, sagte Rudolf. Die Umsetzung der Richtlinie war bislang am Streit in der Koalition über die Flüchtlingspolitik gescheitert.

Gleichberechtigung ansprechen

Die Grünen erklärten, wenn es Schwesig und Özoguz wirklich ernst meinten mit dem Schutz von Frauen und Kindern in Flüchtlingseinrichtungen, sollten sie mehr Ehrgeiz aufbringen, die Aufnahmerichtlinie nun bei den Verhandlungen über das zweite Asylpaket umzusetzen. "Auch das Bundeskinderschutzgesetz muss endlich in Flüchtlingsunterkünften gelten, hier muss eine Rechtslücke geschlossen werden", sagte die familienpolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Franziska Brantner, dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Konkrete Daten über Übergriffe auf Frauen in Flüchtlingsunterkünften gibt es nicht. Özoguz zufolge wird überlegt, dazu entsprechende Sammlungen zu beauftragen. Auch wer am häufigsten die Täter sind, ist damit unklar.

Schwesig und Özoguz sprechen sich vor dem Hintergrund der Kölner Übergriffe dafür aus, in Integrationskursen das Thema Gleichberechtigung stärker anzusprechen. Frauenrechte dürften in den Kursen nicht nur ein Aspekt unter vielen sein "zwischen welche Farbe hat unsere Nationalflagge und welche Familienformen gibt es", erklärten sie. Das Thema müsse stattdessen ein Schwerpunkt werden.