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EU-Kommission leitet Verfahren gegen Polen ein

Brüssel (epd)Die EU-Kommission hat gegen Polen ein Verfahren wegen der Bedrohung des Rechtsstaates eingeleitet: Geprüft werden sollen die umstrittenen Reformen der rechtskonservativen Regierung in Warschau. Der stellvertretende EU-Kommissionspräsident Frans Timmermans unterzeichnete am Mittwoch in Brüssel ein Schreiben, mit dem er die polnische Regierung zum Dialog auffordert. Anlass ist unter anderem ein Gesetz, das es der Regierung erlaubt, die Führungsriege der öffentlich-rechtlichen Medien auszutauschen. Auch Änderungen der Arbeitsweise des Verfassungsgerichtes sind umstritten. Es handelt sich um das erste Verfahren wegen der Bedrohung des Rechtsstaates gegen ein EU-Mitgliedsland.

Problem durch Kooperation lösen

Die Aufforderung zum Dialog ist die erste Phase des sogenannten Rechtsstaatsmechanismus, der 2014 eingeführt wurde. In einem zweiten Schritt kann die Kommission Empfehlungen aussprechen. Sollte damit das Problem nicht gelöst werden, kann sie ein "Artikel 7-Verfahren" in Gang setzen: Nach Zustimmung von EU-Parlament und EU-Rat könnten Polen dann beispielsweise die Stimmrechte bei Ministertreffen und EU-Gipfeln entzogen werden.

Vize-Kommissionspräsident Timmermans sagte, es handle sich um eine ernste Angelegenheit. Die Kommission sei unter den EU-Verträgen dazu verpflichtet, die Rechtsstaatlichkeit in Europa zu überwachen und zu garantieren. Er betonte jedoch, Brüssel wolle das Problem rational und durch Kooperation lösen.

Der stellvertretende Präsident des Europäischen Parlaments, Alexander Graf Lambsdorff (FDP), hält das Verfahren gegen Polen für den "richtigen Weg". Der Rechtsstaatsmechanismus sei mehr als das sonst übliche Vertragsverletzungsverfahren, aber auch noch keine direkte Drohung mit dem Entzug des Stimmrechts, sagte Lambsdorff dem Sender SWRinfo.

Demonstrationen in Polen

Das polnische Parlament hatte im Dezember ein Gesetz beschlossen, das es der Regierung erlaubt, die Führung der öffentlich-rechtlichen Medien zu bestimmen. Die national-konservative Regierung will die Sender in "nationale Medien" umformen. Anfang Januar unterschrieb Präsident Andrzej Duda das Gesetz, wenige Tage später wurden bereits neue Intendanten ernannt.

In Polen kommt es seither zu Demonstrationen, auch aus dem Ausland kommt massive Kritik. "Ich mache mir Sorgen um die Demokratie in dem Land", sagte der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn dem Sender NDRinfo am Mittwoch. Das neue Mediengesetz und die Einschränkungen der Machtbefugnisse des Verfassungsgerichts seien keine Lapalien. Er hoffe, dass die Regierung in Warschau die Kritik nicht nur als Einmischung in innere Angelegenheit werte, sondern als Anregung für Änderungen im politischen Kurs.