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Eine Altenpflegerin hilft einer Seniorin beim Mittagessen.
Koalition will Ausbildung in der Pflege vereinheitlichen
«Pflegefachfrau» statt Kinderkrankenschwester: Ein einheitlicher Berufsabschluss soll angehenden Pflegekräften ein breites Berufsfeld öffnen und die Jobs in der Pflege attraktiver machen. Ob die Reform gegen den Fachkräftemangel hilft, bleibt offen.

Berlin (epd)Für Kranken- und Altenpflegekräfte soll es künftig eine einheitliche Berufsausbildung geben. Das Bundeskabinett billigte am Mittwoch in Berlin eine Reform der Pflegeberufe. In der Branche ist das Vorhaben umstritten. Die Opposition warnt, die Altenpflege könne weiter ins Hintertreffen geraten.

Breiteres Berufsfeld

Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) versicherte bei der Vorstellung des Vorhabens, er nehme die Einwände ernst und werde sie berücksichtigen. "Wir führen Berufsbilder zusammen, das löst Sorgen aus", sagte er. Zugleich verwiesen er und Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) auf neue Chancen: Die generalistische Ausbildung eröffne Pflegekräften ein breiteres Berufsfeld, mehr Aufstiegsmöglichkeiten und eine bessere Bezahlung, sagten sie.

Gröhe und Schwesig versprechen sich von der Vereinheitlichung der Ausbildung mehr Interesse am Pflegeberuf. Denn es fehlen überall in Deutschland Fachkräfte. Zudem verändern sich die Anforderungen an Pflegekräfte. In den Alten- und Pflegeheimen ist medizinisches Wissen gefragt, in Krankenhäusern müssen Pflegekräfte mit Zusatzerkrankungen wie der Demenz zurechtkommen.

Dem Gesetzentwurf zufolge sollen Pflegeschülerinnen und -schüler künftig eine Ausbildungsvergütung bekommen. Bisher zahlen sie mancherorts noch Schulgeld. Die Ausbildung dauert drei Jahre, für Pflegehelfer zwei Jahre. Voraussetzung ist mindestens eine zehnjährige Schulausbildung. Die Auszubildenden können nach dem künftig einheitlichen Abschluss im Krankenhaus, in der Altenpflege, bei ambulanten Pflegediensten sowie in der Kinderkrankenpflege arbeiten. Während der Ausbildung können sie sich bereits spezialisieren. Die neue Berufsbezeichnung lautet "Pflegefachfrau" und "Pflegefachmann". Die Mehrausgaben für die Modernisierung der Pflegeausbildung belaufen sich den Angaben zufolge auf rund 300 Millionen Euro pro Jahr. Außerdem soll ein Pflegestudium eingeführt werden.

Das Gesetz soll im Verlauf dieses Jahres verabschiedet werden, um den Ländern genügend Zeit zu geben, die Einführung der generalistischen Ausbildung 2018 vorzubereiten. Der Bundesrat muss der Reform zustimmen. Nach Angaben der beiden Ministerien werden in Deutschland pro Jahr rund 133.000 Fachkräfte in der Alten- und Kranken- sowie der Kinderkrankenpflege ausgebildet.

Kritik: Unklare Umsetzung

Während die Berufsverbände und die kirchlichen Verbände das Vorhaben als Weichenstellung für die Zukunft des Pflegeberufs begrüßten, warnten die Arbeitgeberverbände vor einem Fachkräftemangel in der Altenpflege. Frauenministerin Schwesig hofft dagegen, dass mehr Wahlmöglichkeiten für Pflegekräfte auch in der Altenpflege zu höheren Löhnen führen werden.

Der Paritätische Wohlfahrtsverband und die AWO warfen der Koalition vor, zu viele Fragen offenzulassen. Unklar bleibe etwa, wo all die Einsatzstellen für die Ausbildung der Nachwuchs-Pflegekräfte herkommen sollten, insbesondere in der Kinderkrankenpflege. Ähnlich äußerten sich auch die Krankenkassen. Der Spitzenverband begrüßte die Ziele des Gesetzes, bezeichnete es aber als "äußerst irritierend", dass nicht ersichtlich sei, wie es umgesetzt werden solle.

Die Grünen gehen einen Schritt weiter und forderten, das Vorhaben anzuhalten. Die Risiken, durch eine übereilte und unvollständige Reform Fachkräfte einzubüßen statt das Interesse am Pflegeberuf zu erhöhen, sei zu hoch, erklärten die nordrhein-westfälische Gesundheitsministerin Barbara Steffens und die pflegepolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion, Elisabeth Scharfenberg.