Nach Ausschreitungen hat die Polizei eine Demonstration der islam- und fremdenfeindlichen Gruppierung "Pegida" und mehrerer rechtsextremer Parteien und Gruppen am Samstag in Köln aufgelöst. Zuvor hatten gewalttätige Hooligans Flaschen, Knallkörper und Steine auf Polizisten und Medienvertreter geworfen, wie die Polizei mitteilte. Mehrere Polizisten und ein Journalist seien verletzt worden. Der weitaus größte Teil der insgesamt rund 1.700 Teilnehmer waren nach Polizeiangaben Hooligans.
Unterdessen ist die Zahl der Strafanzeigen wegen der Übergriffe in der Silvesternacht nach Angaben der Polizei auf 379 gestiegen. In etwa 40 Prozent der Fälle gehe es auch um Sexualstraftaten. Die Kripo stockte ihre Ermittlungsgruppe "Neujahr" auf über 100 Beamte auf.
In der Silvesternacht hatten Gruppen junger Männer, offenbar vor allem aus dem nordafrikanisch-arabischen Raum, vor dem Kölner Hauptbahnhof zahlreiche Frauen sexuell bedrängt und bestohlen. Der Polizei war es nicht gelungen, die Übergriffe zu verhindern, die aus einer Menge von zeitweise mehr als tausend Menschen heraus begangen wurden.
Kombination aus vielen rechten Gruppen
Am Samstag setzte die Polizei Wasserwerfer und Reizgas gegen die rechten Demonstranten ein. Sie stoppte den geplanten "Pegida"-Aufzug durch die Stadt nach wenigen Metern, nachdem die ersten Böller geflogen waren und mehrere Demonstranten sich vermummt hatten. Bereits vor Beginn der Kundgebung seien mehrere Personen durch aggressives Verhalten aufgefallen, hieß es. Bei Durchsuchungen fanden die Beamten unter anderem Drogen und mehrere Knallkörper.
Nach Angaben der Bundespolizei waren unter anderem etwa 450 rechte Demonstranten mit dem Zug aus dem Ruhrgebiet angereist. Bereits bei der Ankunft in Köln sei Pyrotechnik gezündet worden, zwei Beamte erlitten ein Knalltrauma. Die Bundespolizei leitete gegen mehrere Demonstranten Ermittlungsverfahren ein, unter anderem wegen Beleidigung, gefährlicher Körperverletzung und Verstoßes gegen das Sprengstoffgesetz.
"Pegida" hatte nach den massiven Übergriffen auf Frauen in der Silvesternacht in Köln zu der Veranstaltung unter dem Motto "Pegida schützt" aufgerufen. Dem Aufruf hatten sich unter anderem auch "Pro NRW", die NPD, "Die Rechte" und "Hogesa" (Hooligans gegen Salafisten) angeschlossen. Die Polizei war nach eigenen Angaben mit einem Großaufgebot von rund 1.700 Beamten sowie Wasserwerfern, Reiter- und Diensthundestaffeln im Einsatz, dazu kamen mehrere hundert Beamte der Bundespolizei im und am Kölner Hauptbahnhof.
Zuvor hatten am Nachmittag rund 1.300 Menschen gegen den rechten Aufmarsch demonstriert unter dem Motto: "Pegida NRW stoppen! Nein zu rassistischer Hetze! Nein zu sexueller Gewalt!" Dazu aufgerufen hatten die Bündnisse "Köln gegen Rechts" und "Köln stellt sich quer", in denen unter anderem Gewerkschaften, Parteien, Kirchen, andere Religionsgemeinschaften sowie weitere gesellschaftliche Organisationen zusammengeschlossen sind.
"Unentschuldbare Straftaten" an Silvester
Die Übergriffe gegen Frauen in der Silvesternacht dürften nicht von Rechtsextremen für pauschale Hetze gegen Migranten instrumentalisiert werden, hieß es. "Die gewalttätigen, sexistischen Straftaten an Silvester sind unentschuldbar", sagte die Sprecherin von "Köln stellt sich quer", Sonja Ziegler. "Aber die geheuchelte Empörung der 'Pegida'-Anhänger verfolgt doch nur das Ziel, Stimmung gegen Ausländer und Migranten zu machen." Gewalt gegen Frauen sei immer ein Verbrechen, unabhängig davon, wer die Täter seien.
"Natürlich sind die Verbrechen von Silvester abscheulich", sagte die evangelische Pfarrerin Dorothee Schaper vom Kirchenverband Köln und Region dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Wir stehen jetzt vor der großen Herausforderung, uns differenziert damit auseinanderzusetzen." Gerade Christen seien von ihrer religiösen Herkunft her "die Brücke zwischen Morgenland und Abendland", betonte die Beauftragte für den christlich-muslimischen Dialog.
Bereits am Mittag hatten sich laut Polizei rund eintausend Frauen an einem Flashmob "Gegen Männergewalt" auf der Domtreppe beteiligt. Auf Transparenten hieß es "Nein zu Gewalt gegen Frauen - Egal, ob in Köln oder beim Oktoberfest" sowie "Keine Toleranz gegenüber den Tätern".