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Angela Merkel.
Merkel fordert Überprüfung der Regeln für Ausweisung
Nach den Übergriffen in Köln fordern Unionspolitiker neue Verschärfungen für Asylbewerber. Da die Täter womöglich Ausländer waren, ist eine Debatte über die Regeln für Ausweisungen entbrannt. Pro Asyl warnt wegen der unklaren Faktenlage vor Hysterie.

Berlin (epd)Die Übergriffe auf Frauen in Köln haben eine Debatte über schärfere Ausweisungsregeln für Asylbewerber entfacht. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) forderte am Donnerstag in Berlin, den Taten mit "aller Entschiedenheit" entgegenzutreten. Die Regierungschefin kündigte an zu prüfen, ob bei Ausweisungen bereits alles getan werde, was notwendig ist, "um hier auch klare Zeichen zu setzen". Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) hält Ausweisungen bereits nach geltendem Recht für möglich. Dennoch fordern Unionsvertreter schärfere Regeln, während Pro Asyl und Grüne vor einer hysterischen Debatte und einem Generalverdacht gegen Flüchtlinge warnen.

Merkel sagte, man müsse über die "Grundlagen unseres kulturellen Zusammenlebens sprechen". "Ich glaube nicht, dass es nur Einzelfälle sind", ergänzte sie mit Blick auf die Übergriffe in Köln. Gruppen junger Männer hatten in der Silvesternacht vor dem Hauptbahnhof offenbar gezielt Frauen sexuell bedrängt und bestohlen. Viele mutmaßliche Täter sollen nach Berichten von Polizisten und Opfern aus dem arabisch-nordafrikanischen Raum stammen.

Strenge Regeln für Ausweisungen

"Wer glaubt, sich bei uns über Recht und Gesetz stellen zu können, der muss bestraft werden - völlig egal woher er kommt", sagte Justizminister Maas den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Donnerstagsausgaben). Asylsuchende könnten auch während eines laufenden Asylverfahrens bei einer Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr oder mehr ausgewiesen werden. "Ein solches Strafmaß ist grundsätzlich bei Sexualdelikten absolut möglich", erklärte er: "Ausweisungen wären insofern durchaus denkbar."

Dafür gibt das Aufenthaltsgesetz aber strenge Regeln vor: Im Verfahren dürfen Asylbewerber nur dann ausgewiesen werden, wenn ihr Verhalten eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt. Eigentlich gilt aber, dass vor einer Ausweisung ein Asylverfahren abgeschlossen und das Asylgesuch abgelehnt sein muss.

Eine Straftat kann diese Ablehnung wiederum aber auch herbeiführen. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hatte am Mittwoch darauf verwiesen, dass eine Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren eine Anerkennung als Flüchtling ausschließt. Die Genfer Flüchtlingskonvention gebe strenge Regeln vor. Er hatte eine Absenkung dieser Hürde ins Spiel gebracht.

Pro Asyl: "Hysterische Debatte"

Der CSU-Innenexperte Stephan Mayer pflichete de Maizière bei. "Ich plädiere dringend dafür, die Voraussetzungen zu erleichtern, zumindest so, dass eine Abschiebung möglich ist, sobald der Ausländer zu einer Freiheitsstrafe ohne Bewährung verurteilt ist", sagte Mayer der Tageszeitung "Die Welt" (Donnerstagsausgabe).

SPD-Vertreter äußerten sich zunächst skeptisch über Gesetzesverschärfungen. Um organisierter Kriminalität Herr zu werden, brauche es weder Änderungen am Grundrecht auf Asyl noch an der Genfer Flüchtlingskonvention, sagte der stellvertretende Parteivorsitzende Ralf Stegner der "Welt". Die SPD-Rechtsexpertin Eva Högl sagte im Deutschlandfunk, die geltenden Regelungen seien ausreichend. Nachbesserungsbedarf sehe sie eventuell bei der Regelung, dass sich erst eine Freiheitsstrafe von drei Jahren auf das Asylverfahren auswirkt.

Die Flüchtlingsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz, warnte in den Funke-Zeitungen (Freitagsausgaben) vor einem Generalverdacht gegen Flüchtlinge. "Es alarmiert mich, wie Rechtsextreme die Übergriffe bereits zur Hetze und Stimmungsmache gegen Flüchtlinge nutzen", sagte die SPD-Politikerin. Gleichzeitig betonte sie: "Die Täter müssen gefasst und bestraft werden, bis hin zur Abschiebung, wenn es Flüchtlinge waren."

Pro Asyl-Europareferent Karl Kopp sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd), er halte die aktuelle Diskussion für eine "hysterische Debatte", da man noch nicht einmal wisse, wer die Täter sind. "Zunächst müssen erst einmal die Strafverfolgungsbehörden ihre Arbeit machen", sagte er. Auch die Grünen warnten vor dem Schüren fremdenfeindlicher Ressentiments. "Weder die Nationalität der Täter, noch ihr Aufenthaltsstatus oder ihr Wohnort sind bisher bekannt", sagte Parteichefin Simone Peter.