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Papst Franziskus.
Papst präsentiert «Katalog der notwendigen Tugenden»
Franziskus
bekräftigt die Notwendigkeit weiterer Reformen
Nachdem er vor einem Jahr der Kurie die Leviten gelesen und Kurienkrankheiten angeprangert hat, präsentiert Papst Franziskus beim Weihnachtsempfang 2015 einen «Katalog der notwendigen Tugenden».

Rom (epd)Papst Franziskus hat die Leiter der Vatikanbehörden zur Ehrlichkeit und zum Verzicht auf die Anhäufung von Konsumgütern aufgefordert. Klatsch und Geltungssucht hätten der Kirche in diesem Jahr "nicht unerhebliche Schmerzen zugefügt und viele Menschen innerlich verletzt", beklagte er am Montag beim traditionellen Weihnachtsempfang. Die von ihm beim Weihnachtsempfang 2014 genannten Krankheiten und Versuchungen der Kurie spornten allerdings dazu an, die notwendigen Reformen der Vatikanbehörden entschlossen fortzuführen. In seiner Ansprache präsentierte Franziskus einen "Katalog der notwendigen Tugenden" für alle Kirchenmitarbeiter.

Wer im Dienst des Vatikans steht, darf sich nach den Worten des Papstes nicht dadurch belasten, "unnötige Dinge" anzuhäufen. Franziskus warnte zugleich davor "sich von der Geltungssucht beherrschen zu lassen". Widerstände gegen Veränderungen, die nach der Veröffentlichung vertraulicher Dokumente in der Öffentlichkeit diskutiert wurden, bezeichnete der Papst als "Chance zum Wachsen". Sie seien niemals Anlass für Entmutigung. Vielmehr seien es Gelegenheiten, "zum Wesentlichen zurückzukehren" und danach zu fragen, wie es um das eigene Gefühl für die Kirche und den eigenen Sinn für den Glauben bestellt sei.

Skandale vermeiden, die Menschen innerlich verletzen

Nach wie vor leben die meisten Kurienkardinäle in großzügigen Wohnungen, während Franziskus sich mit einer 70 Quadratmeter großen Suite im vatikanischen Gästehaus begnügt. Der emeritierte Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone bekundete am Wochenende die Absicht, nach dem Skandal um die mehrere Hunderttausend Euro teure Renovierung seiner Wohnung einem kirchlichen Kinderkrankenhaus 150.000 Euro zu spenden.

Unter Anspielung auf den jüngsten Vatileaks-Skandal um vertrauliche Dokumente, die zwei italienische Journalisten publizierten, forderte Franziskus die Kurienchefs zur Achtung der anderen auf. Sie müssten sich um "Berücksichtigung der eigenen Rolle, der Vorgesetzten und der Untergebenen, der Akten und der Dokumente, der Schweigepflicht und der Vertraulichkeit bemühen".

Zu den für Kurienmitglieder nötigen Tugenden, die Franziskus in seiner Weihnachtsansprache an die Kardinäle hervorhob, gehört auch das Bemühen, für den eigenen Dienst erforderliche Voraussetzungen zu erfüllen. Sie stehe gegen "Empfehlungsschreiben und Bestechungsgelder". Die Kurienkardinäle müssten vorbildlich sein, "um Skandale zu vermeiden, die die Menschen innerlich verletzen und die Glaubwürdigkeit unseres Zeugnisses bedrohen".

Ehrlichkeit besonders wichtig

Besonderes Augenmerk legte der Papst vor den Kardinälen auf die Forderung nach Ehrlichkeit. Wer ehrlich sei, handele nicht nur unter dem Blick des Aufsehers oder des Vorgesetzten redlich. "Der Ehrliche spielt sich niemals als Herr auf über die Menschen oder über die Dinge, die ihm zur Verwaltung anvertraut sind." Zu den zwölf Eigenschaften, die Franziskus aufführte, gehören Missionsgeist, Spiritualität, Eignung, Rechtschaffenheit, Großherzigkeit, Besonnenheit, Ehrlichkeit, Vernunft, Liebe, Treue, nüchterner Lebensstil und Demut. Es sei nutzlos, heilige Pforten in den Bischofskirchen weltweit zu öffnen, "wenn die Tür unseres Herzens für die Liebe verschlossen" bleibe, sagte das Oberhaupt der katholischen Kirche.

Barmherzigkeit sei kein flüchtiges Gefühl, "sondern sie ist die Synthese der Frohen Botschaft, die Wahl dessen, der die Gesinnung des 'Herzens Jesu' haben und ernstlich dem Herrn nachfolgen will", sagte der Papst mit Blick auf das heilige Jahr der Barmherzigkeit, das vor wenigen Tagen eröffnet wurde. Barmherzigkeit solle deshalb auch "unsere Schritte lenken, unsere Reformen inspirieren und unsere Entscheidungen erleuchten". Sie solle die Kirche lehren, "wann wir vorangehen und wann wir einen Schritt zurück tun müssen", sagte das Kirchenoberhaupt.