TV-Tipp: "Tatort: LU" (ARD)
13.12., ARD, 20.15 Uhr: "Tatort: LU"
Während andere Sender ihre Teams kurzerhand in den Ruhestand schicken, wenn’s mal nicht mehr läuft, hat der SWR beim "Tatort" aus Ludwigshafen gewissermaßen auf den Reset-Knopf gedrückt: Seit "Blackout" vor gut einem Jahr weht ein frischer Wind durch die Filme.

Auf den ersten Blick mag dies mit der Verjüngung des Teams zusammenhängen, weil seither die vergleichsweise junge Fallanalytikerin Johanna Stern (Lisa Bitter) mitwirkt, aber das wäre zu kurz gedacht, denn auch die Hauptfigur hat sich gewandelt: "Blackout" hatte Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) an ihre physischen und psychischen Grenzen geführt und zu einer Auszeit gezwungen. Seither ist die dienstälteste "Tatort"-Kommissarin dünnhäutiger geworden. Gerade gemessen am modernen Ermittlungsstil der über zwanzig Jahre jüngeren Kollegin muten ihre Methoden zudem altmodisch an; "old school" (alte Schule) eben, wie es im jüngsten Krimi einige Male heißt. Oder weniger wohlwollend formuliert: Auslaufmodell.

Zickenkrieg tut nicht gut

Natürlich ist es reizvoll, diese beiden Philosophien gegeneinander auszuspielen, aber entweder hat Dagmar Gabler, die schon einige beachtliche "Tatort"-Drehbücher geschrieben hat ("Brüder", "Der Fall Reinhardt"), die Konfrontation übertrieben, oder sie ist im Verlauf der Umsetzung durch Regisseur Jobst Christian Oetzmann eskaliert; jedenfalls artet die Zusammenarbeit der Kolleginnen zu einem Zickenkrieg aus, der dem Film nicht gut tut. Johanna Stern ist nach wie vor eine Bereicherung für das Team, aber wenn sie mit dem Laptop in der Hand und laut vor sich hinredend über Tatorte stapft, sieht das ebenso unglaubwürdig aus wie ein dilettantischer Verfolgungsversuch, der schon nach wenigen Metern auffliegt. Dass die in den Filmen zuvor so souveräne Spezialistin hier wie eine Praktikantin wirkt und sich von Odenthal als "Schreibtischstute" bezeichnen lassen muss, weil ihr die Straßenerfahrung fehlt, hat sie nicht verdient.

Es spricht für Oetzmann, dass diese Details die Qualität des Films nur in Nuancen schmälern. Gerade Bildgestaltung (Jürgen Carle) und Musik (Dieter Schleip) haben enormen Anteil daran, dass dieser Krimi mit dem verblüffend schlichten Titel "LU" (das Kfz-Kennzeichen für Ludwigshafen) ein richtig guter "Tatort" geworden ist. Allerdings konnte Oetzmann auch mit zwei ausgezeichneten Gastschauspielern arbeiten: Jürgen Vogel und Christoph Bach verhelfen dem Film zu einer darstellerischen Klasse, die für einen Reihenkrimi ungewöhnlich ist. Selbstredend ist Vogel der uneingeschränkte Star. Oetzmann inszeniert ihn entsprechend, und auch die Rolle ist seiner würdig: Er spielt Lu, einen einstigen Geldeintreiber, der vor 15 Jahren ausgestiegen ist und die Stadt verlassen hat. Aber nun kehrt er zurück, um eine alte Rechnung mit einem Mann (Bach) zu begleichen, der mittlerweile Karriere gemacht hat und dabei ist, in den Vorstand des riesigen örtlichen Chemiekonzerns berufen zu werden. Als Lena Odenthal Lu das Leben rettet, sind ihre Lebenswege nun miteinander verknüpft. Abgesehen davon sucht sie den Mörder eines bulgarischen Söldners, und es spricht viel dafür, dass Lu dahintersteckt.

"LU" hat gerade bei den vielen Nachtaufnahmen großartige Schauwerte zu bieten. Weil die Bilder immer wieder mutwillig verfremdet werden, ist die Ästhetik des Films ohnehin überaus reizvoll. Trotzdem sind die besten Szenen die intimen Momenten zwischen der Kommissarin und dem Fremden, denn das routinierte Duo Folkerts/Vogel lässt es ganz schön knistern. Natürlich ist auch Lu "old school", und die entsprechende gegenseitige Sympathie lässt Stern wie auch den Kollegen Kopper (Andreas Hoppe) vermuten, die Chefin habe sich einwickeln lassen. Dritter Star des Films ist die Musik, eine Mischung aus Rock und Jazz, die garantiert auch ohne die Bilder großartig klingen würde. Gerade im Zusammenspiel mit den nächtlichen Aufnahmen des glitzernden Chemiewerks verleiht die Musik dem Film eine Kraft, die "LU" trotz der Mängel zu einem herausragenden "Tatort" macht.